Philipp Wydra im U19-Spiel des 1. FC Köln gegen Borussia Dortmund. (Foto: GBK)

Für seinen Nachwuchs-Kurs muss der FC seinen Finanz-Kurs ändern

Der 1. FC Köln will eine Zeitenwende am Geißbockheim herbeiführen. Nach einer aus Sicht der FC-Talente herausragenden Saison 2019/20 wollen die Geißböcke im Profibereich künftig noch stärker auf die besten Eigengewächse setzen. Doch dafür muss der FC zeigen, dass er bereit ist seine Kultur zu verändern. Denn längst geht es schon bei den besten 15- und 16-jährigen vor allem um eines: Geld. 

Ein Kommentar von Marc L. Merten

Der 1. FC Köln hat einen Traum. Die Geißböcke wollen jedes Jahr ihre besten Talente zu den Profis befördern, sie dort zu Bundesliga-Spielern machen und ihnen anschließend zwei Möglichkeiten geben: entweder langfristig beim FC bleiben oder für viel Geld zu anderen Klubs wechseln. Doch nicht nur das Beispiel Florian Wirtz zeigt, dass dieser Weg nur dann funktionieren kann, wenn die besten Talente überhaupt bereit sind, bis zu den Profis beim FC zu bleiben. Der FC kann es sich nicht erlauben, seine besten Nachwuchsspieler bereits in der U17 oder U19 zu verlieren.

Can Bozdogan ist ein solches Beispiel. Der FC Schalke 04 bot dem Mittelfeld-Talent deutlich mehr Geld als der FC, sodass das U19-Talent ins Ruhrgebiet wechselte und dort zum Profi wurde. Die Geißböcke bekamen eine sechsstellige Ablöse und künftig womöglich noch mal eine Ausbildungsentschädigung. Die potentielle Millionenablöse für das Talent aber wird Schalke einstreichen. Gleiches gilt für Wirtz, wobei dieser nicht (nur) des Geldes wegen nach Leverkusen ging, sondern weil sich dort die Bosse der Profiabteilung für den Transfer einsetzten, während die Lizenzspielerleitung des FC einen Winterschlaf abgehalten hatte.

Wehrle kündigt mehr Geld an

Aus diesem will man beim FC nun erwacht sein. Alexander Wehrle hat im GBK-Interview bestätigt, dass der FC erstens mit den besten Talenten nun schon früher auf Geschäftsführer-Ebene die Verhandlungen führt. Zweitens will man bereit sein, für seine Top-Nachwuchsleute tiefer in die Tasche zu greifen. Dieser Ansage werden die Kölner Taten folgen lassen müssen – und zwar schon bald, wenn die Verhandlungen mit Jens Castrop und Justin Diehl anstehen. Denn die Summen im Nachwuchs haben sich längst ähnlich umfangreich verändert wie im Erwachsenenbereich. Zweistellige Millionenablösen für U17-Spieler sind längst Realität. Handgelder für Vertragsverlängerungen erreichen bereits siebenstellige Höhen – und das nicht nur bei Europas größten Talenten. Dass der FC so manchen Rohdiamanten im Nachwuchs hat, der selbst international für Interesse sorgt, ist längst bekannt. Florian Wirtz war beileibe keine Eintagsfliege. Doch um diese Talente zu halten, muss der FC seine Strukturen aufbrechen.

Noch immer redet man sich beim FC ein, mit schulischer Bildung für die Talente auftrumpfen zu können. Dabei bieten längst alle Topklubs eine duale Ausbildung an. Moderne Akademien in München, Leipzig oder Hoffenheim geben viele Millionen Euro in eine Rundum-Betreuung ihres Nachwuchs aus. Darüber hinaus erscheint die Schule vielen Top-Talenten nur noch wie ein Nebenprodukt auf dem Weg zu einer möglichst steilen Profikarriere. Sie wollen es nicht nur zum Profi schaffen – sie wollen Geld verdienen, viel Geld. Und ihre Berater ebenfalls. Die Kölner Hoffnung, mit schulischen Angeboten die besten Talente halten zu können, mag ein feiner Zug sein, ist aber ein naiver Trugschluss. Das Angebot ist vornehmlich für jene Talente wichtig, bei denen unklar ist, ob sie es überhaupt zum Profi schaffen werden. Doch mit diesen wird der FC keine Erfolge feiern können – weder sportlich, noch finanziell. Der große Trumpf im Fußballbusiness, das überrascht niemanden mehr, heißt Geld. Das mag mitunter unmoralisch sein, doch wenn Borussia Dortmund für einen 17-jährigen 25 Millionen Euro zu zahlen bereit ist, wenn Florian Wirtz jetzt schon mehr wert ist als das und wenn (Farm-)Teams wie RB Salzburg jährlich mehrere U18-Spieler für zwei bis drei Millionen Euro verpflichtet, muss auch dem FC klar sein: Der Plan, die eigenen Talente erst zu Profis und später zu Geld zu machen, geht nur auf, wenn man in der Lage ist die besten Talente so lange zu halten, bis sie es zu den Profis geschafft haben. Und das geht nur mit mehr Geld als bisher.

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