Dass Horst Heldt auf der Suche nach einem neuen Kaderplaner und einem neuen Chefscout Gespräche mit externen Kandidaten führt, ist sein gutes Recht und seine Pflicht als Sport-Geschäftsführer. Doch der Sportchef des 1. FC Köln ist gut beraten sich zu fragen, wem die Nachfolger von Frank Aehlig und Willi Kronhardt gegenüber loyal sein sollten: ihm oder dem FC? Die Antwort müsste klar sein, doch Heldts Gespräche mit alten Freunden, denen jeder Bezug zum FC fehlt, deuten in eine andere Richtung.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
So schmerzhaft es für den 1. FC Köln ist: Borussia Mönchengladbach ist ein Topklub, der FC nicht. Es wäre also mal an der Zeit sich am Niederrhein umzusehen und zu fragen, warum das so ist. Ein Indiz gibt die personelle Besetzung der Top-Posten. Rainer Bonhof spielte einst neun Jahre für BMG und ist seit elf Jahren Vize-Präsident. Sportchef Max Eberl ist seit 1999 bei den Fohlen, Co-Geschäftsführer Stephan Schippers ebenfalls seit 1999. Eberl-Assistent Christopher Heimeroth spielte zwölf Jahre für die Borussia. Im Trainerteam von Marco Rose finden sich Uwe Kamps, Oliver Neuville und Eugen Polanski – allesamt Urgesteine der Borussia. NLZ-Chef Roland Virkus? Seit über 30 Jahren im Klub. Das Scouting leiten Mario Vossen, inzwischen seit 26 Jahren im Verein, und Markus Hausweiler, insgesamt 17 Jahre. Das ist kein Zufall. Das nennt sich Strategie.
Anderswo beobachtet man Ähnliches. Der FC Bayern hat über Jahrzehnte seine Erfolge auch darauf aufgebaut, dass man die Führungspositionen immer wieder mit ehemaligen Spielern besetzte. Borussia Dortmund wird sportlich von Michael Zorc geführt, der sich mit Sebastian Kehl seinen Nachfolger selbst heranzieht. In Leverkusen macht es Rudi Völler mit Simon Rolfes genauso. Werder Bremen ist für seine Werder-DNA in wichtigen Personalentscheidungen bekannt und spielt, bei allen Problemen des letzten Jahres, seit 39 Jahren durchgehend in der Bundesliga. Auch kleinere Klubs wie der SC Freiburg oder der 1. FSV Mainz 05 fuhren immer dann am besten, wenn sie sich auf Verantwortliche aus dem eigenen Haus verließen, die für ihren Klub brennen, leben und arbeiten.
Heldt weiß, wie der Klub tickt
Beim 1. FC Köln betont man immer wieder, wie wichtig es sei den Klub zu verstehen und die besondere Art des Klubs auch selbst zu leben. Horst Heldt ist dafür eigentlich das beste Beispiel, schließlich wuchs er am Geißbockheim auf, wurde hier Profi, kehrte 2019 mit den Worten zurück, er könne sich nicht vorstellen, dass für ihn als Manager nach dem FC noch mal ein anderer Klub interessant werden könnte. Wer, wenn nicht er, müsste doch wissen, wie wichtig es für den FC jetzt wäre, den Weg einzuschlagen, den andere Klubs schon seit vielen Jahren erfolgreich gehen. Nicht nur auf fachliche Qualität setzen, sondern auf Loyalität zum Klub.
Der FC war in den letzten 30 Jahren am erfolgreichsten, als Jörg Schmadtke, Alexander Wehrle und Peter Stöger gemeinsam für den 1. FC Köln lebten und arbeiteten. In dem Moment, in dem das Trio auseinander brach und jeder nur noch für sich werkelte, ging diese Loyalität zum FC verloren – und mit ihr der Erfolg. Bei Schmadtke zeigte sich dies in der Millionen-Abfindung, die sich der Manager gnadenlos erstritt, bei Stöger im Sofort-Wechsel nach Dortmund. Die Verantwortlichen dachten nur noch an sich, nicht mehr an den FC. Das Kartenhaus brach zusammen. Dann kam Armin Veh, der nie viel für den Klub übrig zu haben schien, der sich lustig machte über die Strukturen, Gremienmitglieder beleidigte, Gepflogenheiten am Geißbockheim ignorierte, nur sein Ding machte und die erstbeste Chance wahrnahm, um wieder zu gehen. Er holte sich in dieser Zeit Mitarbeiter, die ihm persönlich loyal zur Seite standen. Aber Loyalität für den 1. FC Köln?
Welchen Weg schlägt Horst Heldt ein?
Das Ergebnis ist bekannt. Nun ist Horst Heldt an der Reihe die wichtigsten Positionen neu zu besetzen. Kaderplaner und Chefscout – man stelle sich vor, auf diesen Positionen würden künftig kluge Köpfe mit FC-Vergangenheit und mit einem Herz für diesen Klub arbeiten. Doch Heldts erste Gesprächspartner sind offenbar andere, langjährige Weggefährten von irgendwo her, nur nicht vom FC. Horst Heldt sagt, ihm sei Loyalität wichtig. Man möchte ihm zurufen: Die Loyalität der Mitarbeiter sollte nicht nur dem Chef, sondern vor allen Dingen dem 1. FC Köln gelten. Letztlich zählt zwar der Erfolg, und sollte Heldt Erfolg haben, hat er alles richtig gemacht – für welche Personen er sich auch immer entscheiden mag. Doch die Sehnsucht nach einem erfolgreichen FC mit einer echten FC-DNA ist groß. Heldt hat die Chance diesen Weg jetzt einzuschlagen.
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