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Bisseck im GBK-Interview: “Ein Traum, für den FC zu spielen”

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Yann-Aurel Bisseck steht beim 1. FC Köln noch bis 2023 unter Vertrag. (Foto: imago images/Globallmagens)

Er war im Herbst 2017 der Shooting-Star beim 1. FC Köln: Im Oktober spielte er mit der deutschen Nationalmannschaft bei der U17-Weltmeisterschaft in Indien, kurz danach debütierte er im Alter von 16 Jahren, 11 Monaten und 28 Tagen für die Geißböcke in der Bundesliga, kam zu drei Einsätzen. Seither wurde es ruhig um Yann Bisseck. Aktuell ist der Innenverteidiger nach Portugal an Vitória Guimarães SC ausgeliehen. Im Gespräch mit dem GEISSBLOG.KOELN redet der heute 20-Jährige über seine Zeit seither und die Ziele für die Zukunft.

Das Interview führte Daniel Mertens

GBK: Herr Bisseck, wie ist Ihr Eindruck von der portugiesischen Liga, vom Fußball dort und den Rahmenbedingungen?

Yann Bisseck: „Der Kontrast zwischen den Top-Teams und den anderen Mannschaften hier in Portugal ist größer als in Deutschland. Bei den Top Five, zu denen auch wir gehören, ist die Infrastruktur top. Als Verteidiger kann man sich hier super entwickeln, es gibt viele Zweikämpfe und Luftduelle, daher ist es ein gutes Sprungbrett. Die Qualität des Fußballs ist insgesamt gut. Die Intensität im Vergleich zu der Bundesliga jedoch kleiner.”

Ihr letztes Pflichtspiel liegt schon über ein Jahr zurück, im Februar 2020 noch im Trikot von Roda Kerkrade in den Niederlanden. Warum?

Das Problem ist, dass ich in letzter Zeit viele Verletzungen habe erleiden müssen. Zwei Tage vor dem ersten Pflichtspiel im September ist mir eine Kniesehne gerissen. Der damalige Coach hatte mir bereits signalisiert, dass ich spielen würde. Während meiner Reha-Zeit gab es einen Trainerwechsel und der neue Trainer hatte keinen guten Draht zu jungen ausländischen Spielern, sprach auch kaum Englisch. Ich konnte aber auch nicht viel trainieren, weil ich mich kurz nach meiner Rückkehr ins Mannschaftstraining erneut verletzt hatte. Mittlerweile gab es auch einen weiteren Trainerwechsel.

Wie läuft es mit dem neuen Coach Manuel Albino Morim Maçães?

Er wird von allen nur Bino gerufen. Er ist aus der zweiten Mannschaft hochgekommen. Dort habe ich auch einige Male unter ihm gespielt. Ich habe ein super Verhältnis zu ihm. Ich bin gerade aber leider wieder verletzt, habe mir im Januar eine Sehne im anderen Knie gerissen, stehe jedoch kurz vor der Rückkehr ins Mannschaftstraining. Wir werden dann sehen, ob er mit mir plant.

Ich suche nach den Ursachen

Wie verarbeiten Sie die lange Pause mental?

Wenn man mit 16 sein erstes Profispiel macht, denkt man natürlich, dass es immer weiter bergauf gehen würde. Die Situation ist schwer, aber man darf sich selbst keine negativen Gedanken machen. Meine Familie gibt mir immer Zuspruch und sorgt dafür, dass ich nicht aufgebe. Aber ich bin noch jung und habe Zeit. Ich bin immer noch davon überzeugt, dass ich meinen Weg gehen werde. Ich muss gesund werden und bleiben. Ich suche nach den Ursachen dieser Verletzungen.

Glauben Sie noch an Ihren Durchbruch in Portugal oder suchen Sie nach der verkorksten Zeit einen Neuanfang im Sommer bei einem anderen Verein?

Erst einmal muss ich fit werden und hier mit den Verantwortlichen sprechen, was sie von mir erwarten bzw. wie sie mit mir planen. Es wäre schön, wenn ich mich noch in die Mannschaft spielen könnte, jede Minute hilft mir. Natürlich kann ich mich darauf nicht verlassen. Deswegen schiele ich schon auch auf die nächste Saison und überlege, welche Rolle ich hier spielen würde. Aber ich habe auch immer noch andere Optionen, auch wenn mein Name in den letzten Jahren eher unbekannter wurde. Die nächste Saison wird eine entscheidende Saison für mich, deswegen muss ich es genau abwägen und kann noch nichts Genaues sagen.

Gibt es aktuell Kontakt von den FC-Verantwortlichen zu Ihnen?

Als ich noch in den Niederlanden gespielt habe, hatte ich Kontakt zu Manfred Schmid. Derzeit gibt es aber gar keinen Kontakt. Der FC hat gerade auch andere Probleme, deswegen mache ich den Verantwortlichen keinen Vorwurf. Es sind ja auch neue Spieler auf meiner Position nachgekommen. Früher oder später wird es aber auch wieder Gespräche mit dem FC geben.

Herr Stöger hat es clever gemacht

2017 ging es für Sie rasant bergauf. Erst ging es mit der deutschen U17-Nationalmannschaft zur Weltmeisterschaft nach Indien, einige Wochen später haben Sie Ihr erstes Bundesliga-Spiel bestritten. Wie haben Sie die Wochen damals erlebt?

Bei der Nationalmannschaft war ich schon glücklich, dabei zu sein. Dass ich sogar Spielzeit bekommen und es sehr vernünftig gemacht hatte, war natürlich ein Traum. Danach ging es sehr schnell. Ende November habe ich zum ersten Mal mit den Profis trainiert und drei Tage später stand ich auf einmal in der Startelf.

Sie debütierten am 26. November 2017. Beim 0:2 gegen Hertha standen Sie die gesamten 90 Minuten auf dem Platz. Wie lief das damals ab?

Herr Stöger hat es relativ clever gemacht. Er hat kein großes Theater darum gemacht, sondern bei der Aufstellung einfach meinen Namen hingeschrieben, als wäre es schon mein 50. Spiel. Er hat auch nicht groß etwas zu mir gesagt, nur „mach dein Ding!“. Die anderen Spieler haben auch keine große Sache daraus gemacht. Ich erinnere mich nur noch an Timo Horn, der zu mir gesagt hat: „Mach einfach und genieß einfach.“ Kneifen musste ich mich schon, man realisiert das alles erst nach dem Spiel, wenn man in der Kabine auf sein Handy schaut. Ich hätte mir gewünscht, dass noch mehr Spiele dazukommen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Im Januar 2019 folgte die Ausleihe nach Kiel. Wie kam es dazu?

Es ging extrem schnell. Ich hatte damals viele Anfragen für eine Leihe, weil ich eine gute Hinrunde bei der U21 gespielt hatte. Kiel war die beste Alternative, weil der Verein gerne Spieler ausleiht und diese auch spielen lässt. Es gab damals auch eine Kaufoption, diese war aber zu hoch und das wussten alle Beteiligten. Für mich war Kiel die beste Chance, den nächsten Schritt zu machen.

Wie fällt Ihr Fazit nach dem halben Jahr in Kiel aus?

Der Plan war, dass ich mich in den ersten sechs Monaten hereinarbeite, die Mannschaft kennenlerne und mich an die zweite Liga gewöhne. In der folgenden Saison sollte ich durchstarten. Aber wie so häufig in meiner Karriere ging dann der Trainer, der mich geholt hat (Tim Walter, d. Red.). Beim Nachfolger (André Schubert, d. Red.) hatte ich das Gefühl, dass er mich nicht wollte. Er sagte mir, dass ich jung sei und er auf meiner Position Erfahrung brauche. Das hatte ich schon 1000 Mal gehört. Da kam bei mir etwas Panik auf und ich habe den nächstbesten Ausweg genommen und bin Ende August 2019 zu Roda Kerkrade gewechselt.

Wie war Ihr Eindruck aus der Zeit in den Niederlanden in der zweiten Liga?

Die Liga war sehr interessant, denn es waren viele junge Mannschaften. Die spielerische Qualität und auch die individuelle der Spieler war sehr hoch. Die Spiele dort haben mir geholfen. Hätte ich dort alle Partien gemacht, würde ich noch positiver auf die Zeit zurückblicken. Leider war ich dort aber auch verletzt.

Wie kam es nach dem Leihende im vergangenen Sommer zum Wechsel nach Portugal?

Das kam über den Sportdirektor. Er wollte ein Projekt mit jungen Spielern aus dem Ausland starten, daraus eine Mannschaft basteln und die Spieler so schnell wie möglich weiterverkaufen. Er war sehr überzeugt von mir, hatte zu dem Zeitpunkt aber noch keinen Trainer für die neue Saison. Trotzdem erschien Guimarães als die beste Option. Hätte ich mich nicht verletzt, dann würde die Welt jetzt ganz anders aussehen mit 20, 25 Spielen in der ersten portugiesischen Liga auf dem Buckel.

Nach dem Bundesliga-Debüt mit 16 die Umwege über Kiel, Kerkrade und Guimarães – fühlt sich das nach Stagnation oder gar Rückschritt in der Karriere an?

Das kann man so oder so sehen. Stagnation vielleicht in der Hinsicht, dass ich nicht über einen längeren Zeitraum an Spielpraxis gekommen bin. Aber ich versuche es positiv zu sehen. Ich bin noch jung und habe Zeit. Auf meiner Position als Innenverteidiger dauert es länger, bis man an Spielpraxis kommt, weil viele Trainer eher auf erfahrene Spieler setzen. Die Weltklasse-Innenverteidiger von heute waren mit 20 auch noch nicht Stammspieler. Deswegen mache ich mir keine großen Sorgen. Und trotz der geringen Einsatzzeit in den letzten Jahren habe ich immer noch verschiedene Optionen an interessierten Vereinen. So schlecht kann ich also nicht sein, wenn nach zwei Jahren mit vielleicht 14 Pflichtspielen trotzdem Vereine anklopfen und sagen: „Aus dir kann noch was werden.“

Gibt nicht viele, die mich gut verteidigen können

Ihr Vertrag beim 1. FC Köln läuft noch bis zum Sommer 2023. Wie groß ist Ihre Hoffnung, sich als gebürtiger Kölner noch beim FC durchzusetzen?

Mein Kopf sagt mir, dass es egal ist, wo ich den Durchbruch schaffe, ob in Köln oder bei einer anderen Mannschaft. Aber wenn ich als Kölsche Jung, der bis zu seinem 18. Lebensjahr sein ganzes Leben in der Stadt verbracht hat, auf mein Herz höre, ist es nach wie vor ein Traum, wenn ich eine oder ein paar Saisons in Köln als fester Bestandteil der ersten Mannschaft spielen könnte. Ich weiß, wie es sich anfühlt, für die erste Mannschaft in Köln zu spielen vor den Fans. Meine Freunde und meine Familie sind dort und es ist die Stadt, in der ich mich am wohlsten fühle auf der Welt.

Was ist grundsätzlich Ihr großer Karriere-Traum?

Das große Ziel ist es, bei einem großen Verein in der Champions League zu spielen. Und ich denke nach wie vor, dass ich die Qualität dafür habe, bei einem internationalen Topklub zu spielen. Auf lange Sicht möchte ich auch A-Nationalspieler werden. Ich denke, dass die Chance auf meiner Position in den nächsten Jahren sehr groß sein wird. Es gibt zwar viele gute Spieler, aber niemand ist unangefochten.

Was würden Sie in Ihrem Spiel gerne verbessern?

Ich würde gerne die langen, hohen Pässe und Diagonalbälle verbessern. Ich bin ein großer Fan von flachen Pässen und flachem Spielaufbau. Etwas risikofreudiger zu werden, würde mir nicht schaden. In der Körpersprache und Kommunikation auf dem Platz möchte ich auch besser werden. Ich rede zwar viel auf dem Platz, bekomme aber gesagt, dass ich lauter reden müsse. Und ich sollte insbesondere bei Standards torgefährlicher werden. Es gibt nicht so viele Leute, die mich gut verteidigen können.

Und wo sehen Sie Ihre Stärken?

Ich bin sehr schnell geworden. Es gibt nicht viele Spieler, die mir davonlaufen können. Im Training habe ich hier nach den GPS-Messdaten die höchste Geschwindigkeit in der Mannschaft. Da war ich mal bei 37,1 km/h. Ich weiß nicht, ob der Chip da etwas gesponnen hat (lacht). Meine Größe und meine Präsenz sind auch Stärken. Im Zweikampf und in Luftduellen bin ich gut unterwegs, dazu Spielaufbau und Passspiel. Ich habe gerne die Verantwortung, das Spiel aufbauen zu müssen. Ich bin ein spielstarker Verteidiger.

Haben Sie einen Fußballer als Vorbild?

Mein Gesamtpaket aus Größe, Schnelligkeit und dazu noch technische Fertigkeiten und die Fähigkeit zum Spielaufbau gibt es nicht oft im Weltfußball. Deswegen orientiere ich mich an keinem Spieler. Früher war es mal Jerome Boateng, der meinem Spielstil am meisten geähnelt hat.

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