Steffen Baumgart und Jörg Jakobs sind das sportliche Führungsduo beim FC. (Foto: Bucco)

Jakobs im Interview: Baumgarts Weg soll zur FC-Leitidee werden

Jörg Jakobs hält beim 1. FC Köln noch bis zum 1. April 2022 die Zügel der sportlichen Leitung in den Händen. Der GEISSBLOG traf den Interims-Sportchef vor Weihnachten zum Interview über die Situation der Geißböcke. Wie bewertet Jakobs die Hinrunde? Was plant der FC mit Steffen Baumgart? Welche Transfers werden getätigt? Und wer ist eigentlich Christian Keller? Der erste Teil des Interviews.  

Das Interview führte Marc L. Merten

GEISSBLOG: Herr Jakobs, die Hinrunde ist mit 25 Punkten zu Ende gegangen. Wie fällt Ihr Fazit zum Jahresende aus?

JÖRG JAKOBS: „Der Sieg gegen Stuttgart zum Abschluss war von immenser Bedeutung. Es macht bei der aktuellen Tabellenkonstellation einen großen Unterschied, ob wir 22 oder 25 Punkte nach dem Ende der Hinrunde haben. Damit sind wir mehr als zufrieden, das wird eine schöne Winterpause.

Dadurch ist der Vorsprung nach unten noch mal gewachsen. Macht es Ihre Arbeit leichter?

Es erleichtert unsere Planungen, auch wenn wir personell im Winter eigentlich nichts machen wollen. Aber den Puffer nehmen wir gerne mit, denn ich kann mich nicht erinnern, dass es schon mal ein so breites Mittelfeld vom dritten bis zum 16. Platz gegeben hat. Das war in den letzten Jahren oft anders.

Die 25 Punkte nach 17 Spielen sind nur acht weniger als nach der gesamten letzten Saison. Sie haben diese Entwicklung erst beratend und dann gestaltend begleitet. Was waren die Meilensteine auf dem Weg zu diesem Jahresabschluss?

Ein Meilenstein war sicher die Verpflichtung von Steffen Baumgart. Uns war sehr schnell klar, dass dieser Trainer sehr gut zum Klub passen würde. Und damit meine ich nicht seine Außenwirkung, Energie und Emotionalität.

Sondern?

Wir konnten nur sehr wenig Einfluss auf die Zusammenstellung der Mannschaft nehmen. Es hat enorm geholfen, wie positiv Steffen das angenommen hat. Er war sofort optimistisch, dass wir mit diesem Kader erfolgreich sein können. Das war der Schlüssel zu den guten Leistungen und Ergebnissen der letzten Monate.

Der Sieg in Kiel dürfte auch ein solcher Meilenstein gewesen sein.

Natürlich, denn nur deshalb ist es uns möglich, dass wir die Ergebnisse in der Bundesliga erzielen. Nach Kiel sind wir gut durch die Vorbereitung gekommen. Die Spieler haben sehr viel gearbeitet, das war wichtig für die Widerstandsfähigkeit. In dieser Zeit wurde der Plan vorgestellt, der sich im Folgenden immer weiter gefestigt hat. Steffen wollte hier nicht direkt am ersten Tag die Welt einreißen, sondern die Spieler dosiert und sukzessive aufbauen. Und dann hat natürlich Jena geholfen.

Der Sieg im Elfmeterschießen.

Für den Glauben an das Projekt war das sehr wichtig, weil eine Niederlage noch mal einige Fragezeichen hätte aufkommen lassen.

Wann hatten Sie das Gefühl, dass Anthony Modeste funktionieren würde?

Das würde ich nicht an einem Spiel festmachen. Es fing an mit seiner erkennbaren Bereitschaft, sich von Anfang an in Form zu bringen und sich dem Spiel von Steffen Baumgart komplett anzuschließen. Er hat dem Trainer zu hundert Prozent vertraut, der ihm gesagt hat: Wir werden dich in die Positionen bringen, die du für Tore brauchst. Tony ist aber nur ein Beispiel für Spieler, die plötzlich funktioniert haben.

An wen denken Sie noch?

Benno Schmitz funktioniert seit Beginn der Saison auf eine Art und Weise, die in Köln bis dahin noch nicht so zu sehen war. Sein taktisches Verständnis sowie sein Offensivdrang kommen richtig zum Tragen. Bei Dejan Ljubicic hatte niemand gedacht, dass er sich sofort derart gut in der Bundesliga zurechtfinden würde. Bei Salih Özcan kam die Entwicklung mit einigen Wochen Verzögerung. Und dann war wichtig, dass Jonas Hector seit Tag eins in diesem neuen System vorangeht.

So konnte der FC auch viele Ausfälle kompensieren.

Nehmen wir nur das Beispiel Timo Horn. Es ging ja nicht nur darum, dass wir Marvin Schwäbe zugetraut haben, Bundesliga zu spielen. Auch Jonas Urbig hat einen riesigen Schritt gemacht, sodass niemand Sorge hatte, einen Jungspund auf der Bank zu setzen.

Andere Spieler haben dagegen Luft nach oben. Mark Uth, Ondrej Duda…

Mark und Ondrej können mit Sicherheit noch mehr. Auch Jan Thielmann wird noch viel mehr zeigen als das, was wir bislang gesehen haben. Die Arbeit gegen den Ball macht er hervorragend, aber fußballerisch können wir von ihm noch sehr viel mehr erwarten.

Wie stabil ist dieser neue FC schon?

Für dieses Urteil ist es noch zu früh. Dafür möchte ich weite Teile der Saison absolviert haben. Das Frühjahr ist immer entscheidend, wenn es in die Crunchtime geht und sich die Liga so richtig sortiert und noch mal Druck aufkommt. Es wird Teams geben, die durchstarten, und es wird Teams geben, die von einer gesicherten Position absacken. Und wenn du nicht gerade Bayern München heißt, kommt es in dieser Phase auch darauf an, in welchem Moment du auf eine Mannschaft triffst.

Was hat Steffen Baumgart schon verändert, was man von außen nicht sieht?

Steffen Baumgart ist sehr verbindlich, seine Tür steht immer offen, er ist aber auch sehr interessiert, will vieles mitbekommen. Ihm ist seine Führungsrolle bewusst, ohne dass er darauf achten müsste. Er bringt den natürlichen Anspruch mit, vorangehen zu wollen, nicht nur in der Kabine oder auf dem Trainingsplatz. Auch in seiner Rolle für den FC in Köln.

Die Nachwuchstrainer schauen genau hin, was Baumgart bei den Profis macht und stellen in Teilen ihr Training und ihr Spiel daraufhin um. Ist das der Weg, den der FC gehen muss?

Die Antwort ergibt sich selbst aus dem, was gerade passiert. Wir haben mit einer Spielidee Erfolg. Der Kader folgt der Spielidee und nicht umgekehrt. Der Trainer wusste, dass die Spieler seiner Idee folgen würden. Unterstellen wir einmal, dass der Erfolg bleibt – dann ist es naheliegend, diesen Weg als Verein weiterzudenken. Wird er möglicherweise eine Leitlinie, eine Leitplanke, die wir für die Zukunft setzen? Wenn ja, müssen wir das in allen Bereichen personenunabhängig tun.

Das betrifft dann auch den Trainer, der irgendwann mal auf Steffen Baumgart folgen sollte. Muss der FC jetzt schon perspektivisch für die Zeit nach Baumgart nach einem Trainer scouten, der diesen Weg weiterführen könnte?

Das ist immer ein schmaler Grat. Menschen sind nicht eins zu eins zu ersetzen. Aber der FC muss sich entscheiden, wofür er stehen will – mit dieser Historie, mit den Fans, der Stimmung im Stadion, der Emotionalität. In Dortmund kam zum Beispiel nach Klopp Tuchel, der ein anderer Trainer war und eine eigene Handschrift hatte. Die Handschrift eines Trainers sollte immer zu erkennen sein. Trotzdem wäre es wohl sehr schwer, hier in Köln nach Steffen Baumgart einen kompletten Gegenentwurf als nächsten Trainer zu verpflichten.

Baumgarts Vertrag läuft bis 2023. Wann muss der FC verlängern?

Die Frage ist eher: Was helfen Verträge im Fußball wirklich? Verträge geben keine Sicherheit. Wichtig ist: Was wollen die handelnden Personen und wie sehr identifizieren sie sich mit dem gemeinsamen Projekt? Bei Steffen habe ich das Gefühl: Für ihn gibt es nur Köln. Und er denkt auch nicht in einem Vertragszyklus.

Trotzdem: Im Sommer 2020 haben Vorstand und Geschäftsführung erklärt, der Trainer dürfe nicht mit einem auslaufenden Vertrag in die Saison gehen. Das würde bedeuten: Weil Baumgarts Vertrag bis 2023 läuft, müsste man im Frühjahr sprechen.

Ich stimme Ihnen zu: Mit einem auslaufenden Vertrag in die Saison zu gehen, ist weder bei Spielern noch bei Trainern optimal. Ich fand den Freiburger Ansatz immer super, sich im Winter 18 Monate vor Vertragsende zusammenzusetzen, um sich auf ein weiteres Jahr zu einigen. So läuft ein Vertrag immer lange genug, ohne sich Gedanken machen zu müssen.

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