FC-Fans betreten den Rasen im Franz-Kremer-Stadion. (Foto: Daniel Mertens)

FC-Fans betreten den Rasen im Franz-Kremer-Stadion. (Foto: Daniel Mertens)

Ordner-Leibchen als Tarnung: So lief der Eklat beim U21-Spiel ab

Es wäre Balsam gewesen auf die Seele der U21 des 1. FC Köln nach dem holprigen Saisonstart mit zuvor einem Punkt aus drei Spielen: Doch anstatt einen 4:1-Sieg gegen Rot-Weiß Oberhausen feiern zu können, hängt der vermeintliche Erfolg nun am seidenen Faden. FC-Chaoten lösten am Freitagabend im Franz-Kremer-Stadion mit einem Fahnenklau wenige Minuten vor Spielende einen Spielabbruch aus. Eine Chronik der Ereignisse.

Aus dem Franz-Kremer-Stadion berichtet Daniel Mertens

Es lief die 88. Minute im Franz-Kremer-Stadion, die U21 führte gegen Rot-Weiß Oberhausen mit 4:1 und war damit nur noch wenige Augenblicke vom ersehnten ersten Sieg der neuen Regionalliga-Saison entfernt. Doch plötzlich stürmten drei Personen, bekleidet mit Ordner-Leibchen des lokalen Wachdienstes Luchs, vom Oberhausener Fanblock her auf den Platz und in Richtung Kölner Fans.

Was war passiert? Das Trio hatte sich dank seiner Tarnung unauffällig dem Oberhausener Fan-Bereich nähern können. Dann rissen die Personen in Windeseile eine Zaunfahne vom Gästeblock auf der Gegentribüne ab und stürmten mit ihrer Beute in Richtung Heimblock. Direkt am Eingang der Haupttribüne hatte sich die aktive FC-Fanszene versammelt und die Mannschaft bis dahin lautstark unterstützt.

So lief der Platzsturm ab

Die Oberhausener Fans reagierten sofort, sprangen über den Zaun und setzten zur Verfolgung der Diebe an. Auch Fans aus dem FC-Block betraten den Rasen. Später in den sozialen Netzwerken veröffentlichte Videos zeigen, dass das Trio in den Ordner-Westen bereits auf ihrem Weg zum Gästeblock von Kölner Anhängern beobachtet worden war. Daher sprangen mehrere Dutzend Kölner Fans auf den Rasen, als ihre vermeintlichen Helden zu ihnen zurück liefen, um diese wieder in ihre Reihen aufzunehmen und vor den herannahenden Oberhausenern zu schützen.

Eine körperliche Auseinandersetzung der beiden Fan-Gruppierungen noch auf dem Spielfeld konnte durch das sofortige Einschreiten von Spielern und Funktionären beider Teams zwar verhindert werden. Es verging jedoch eine ungewöhnlich lange Zeit, ehe die Polizei das Spielfeld betrat und versuchte die Fans zurückzudrängen. Die Ordnungshüter hatten das Spiel bis dahin vergleichsweise entspannt neben dem Gästeblock verfolgt.

Kölns Trainer Mark Zimmermann hatte zunächst die eigenen Fans auf dem Rasen mit klaren Handzeichen in Richtung der Tribüne zurückschicken wollen. Anschließend signalisierte er seinen Spielern, umgehend in die Kabine zu gehen. Auch Oberhausens Team sowie das Schiedsrichter-Gespann verschwanden in den Katakomben.

Die Polizei trieb die Gästefans zurück in ihren Block, aus dem die Gruppe auch unmittelbar verschwand. Allerdings suchten offenbar sowohl die Kölner als auch die Oberhausener Fans direkt im Anschluss vor den Stadiontoren die direkte Konfrontation, die jedoch nach Polizeiangaben verhindert werden konnte.

RWO verweigert Wiederanpfiff

Im Stadion selbst herrschte derweil zunächst Konfusion, wie es weitergehen würde. Nach einigen Minuten des Wartens kristallisierte sich heraus, dass das Spiel fortgesetzt werden sollte – jedoch erst, nachdem alle Zuschauer das Stadion verlassen hatten. Der FC bemühte sich, diese Vorgabe umzusetzen, Stadionsprecher Michael Trippel forderte alle Zuschauer mit Durchsagen zum Gehen auf.

Das Schiedsrichtergespann tauchte danach wieder auf dem Rasen auf, doch nach FC-Angaben weigerte sich RW Oberhausen plötzlich, nochmals auf den Platz zurückzukehren. Dem Referee Marc Jäger blieb daraufhin keine andere Wahl, als das Spiel abzubrechen.

Wie wird das Spiel gewertet?

Über die offizielle Spielwertung muss nun das Sportgericht des Westdeutschen Fußball-Verbandes entscheiden. Mit einer zeitnahen Entscheidung ist jedoch nicht zu rechnen. Matthias Heidrich, Leiter des FC-Nachwuchsleistungszentrums, zeigte sich kurz nach dem Eklat zuversichtlich, dass dem FC die Punkte am grünen Tisch zugesprochen werden.

Sicher erscheint dies jedoch keineswegs. Immerhin war der Auslöser der Tumulte der Fahnenklau durch Kölner Fans. Der Sicherheitsdienst konnte dies einerseits nicht verhindern und musste andererseits mit ansehen, wie drei seiner Leibchen für die Aktion missbraucht wurden. Der Platzsturm wiederum ging von beiden Fan-Lagern aus, die praktisch gleichzeitig auf den Rasen traten.

Oberhausener Kalkül bei Spielabbruch?

Zur Wahrheit gehört auch: Zu keiner Zeit ging eine ernsthafte Gefahr für die Spieler beider Teams aus. Es erscheint daher fraglich, wieso sich RW Oberhausen nicht in der Lage sah, bei einem 1:4-Rückstand die restlichen zwei Minuten des Spiels über die Bühne zu bringen – die Partie war ohnehin faktisch verloren. Im Raum stand auch ein Nichtangriffspakt beider Teams in der verbleibenden Zeit.

Offensichtlich steckte Oberhausener Kalkül hinter der Entscheidung, um die Punkte nachträglich am grünen Tisch zugesprochen zu bekommen. Verunsichert wirkten die Spieler jedenfalls nicht mehr, als sie wenig später die Kabine verließen und in Richtung Mannschaftsbus schritten. Die Kölner wären zu einer Spielfortsetzung bereit gewesen, erklärte FC-Trainer Zimmermann hinterher.

Eines steht jedenfalls fest: Nach dem Bärendienst der eigenen Fans besteht am Geißbockheim Redebedarf. Denn nicht nur droht der U21 der Verlust der drei sicher geglaubten Punkte. Eine darüber hinaus zu erwartende Konsequenz ist, dass künftig die U21-Spiele wieder nahezu ausschließlich parallel zu den Profi-Spielen angesetzt werden. Die 1100 Zuschauer am Freitagabend wird es bei einem Regionalliga-Heimspiel des 1. FC Köln daher wohl so schnell nicht mehr geben.

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