Philipp Türoff, Christian Keller und Markus Rejek: die drei Geschäftsführer des 1. FC Köln. (Foto: Bucco)

Philipp Türoff, Christian Keller und Markus Rejek: die drei Geschäftsführer des 1. FC Köln. (Foto: Bucco)

Lawine abgewendet: Wie viel Schulden der FC noch hat

Der 1. FC Köln atmet finanziell auf. Doch was bedeuten die vorgestellten Geschäftszahlen wirklich? Und was erwartet den FC in dieser Saison ohne Europa und ohne Millioneneinnahmen durch Spielerverkäufe?

Philipp Türoff hat am Mittwochabend auf der Mitgliederversammlung positive Geschäftszahlen präsentieren können. Ein zweistelliger Millionengewinn ist es 2022/23 geworden, das Eigenkapital liegt wieder bei knapp über 15 Mio. Euro. Aber was heißt das konkret?

“Das Geld liegt nicht in unserer Kasse rum”, sagte Türoff den Mitgliedern in der Lanxess Arena. “Das Geld war schon weg, bevor wir es verdient haben. Wir sind noch nicht durch.” Mit anderen Worten: Der FC hat nur zurückgezahlt, was in den Vorjahren schon verfrühstückt worden war.

Von “Verbindlichkeiten” und “Verpflichtungen”

Weil sich der 1. FC Köln bekanntlich gegen Investoren ausspricht, war den Verantwortlichen durch die Corona-Pandemie und die zuvor verschwenderischen Jahre 2017 bis 2020 nichts anderes übrig geblieben, als zahlreiche Maßnahmen zu treffen, die den Schuldenberg auf rund 80 Mio. Euro hatten anwachsen lassen.

Türoff erklärte am Mittwochabend noch einmal, was das bedeutete: Die Schulden hatten laut Bilanz zum Stichtag 30. Juni 2022 – also vor 15 Monaten – rund 66 Mio. Euro betragen. Faktisch aber hatte es zu diesem Zeitpunkt weitere Schulden gegeben. Türoff nannte die 66 Mio. Euro “Verbindlichkeiten”, die weiteren Schulden “Verpflichtungen”. Zusammen waren es rund 80 Mio. Euro. Mit den “Verpflichtungen” meinte er vor allem Sponsoring-Einnahmen aus der Zukunft, deren Gelder man vorgezogen hatte, um die Liquidität zu sichern – und welche dann im tatsächlichen Geschäftsjahr fehlten.

Ein Jahr später, zum 30. Juni 2023, liegen die Verbindlichkeiten noch bei 50,5 Mio. Euro (statt zuvor 66,0). Zudem liegen die Verpflichtungen nicht mehr bei rund 14 Mio. Euro, sondern nur noch bei rund vier Mio. Euro. Eine Übersicht:

Verbindlichkeiten

  • ein Privatkredit in Höhe von fünf Mio. Euro
  • eine Fan-Anleihe (in 2024 fällig)
  • eine Landesbürgschaft mit hohen Tilgungsraten
  • die in großem Stil ausgenutzten Betriebsmittellinien (keine starren Zinssätze)

Verpflichtungen (Sponsoring-Einnahmen)

  • 2022/23: 12,5 Mio. Euro
  • 2023/24: ca. 4 Mio. Euro
  • 2024/25: bislang keine Sponsoring-Einnahmen vorgezogen

Türoff erklärte, dass der FC nicht vor habe, weitere Sponsoring-Einnahmen aus der Zukunft vorzuziehen. Diese Praktik werde sich “auswachsen” – und zwar mit dem Ablauf der aktuellen Saison. Ab der Saison 2024/25 sollen wieder alle Einnahmen auch für das tatsächliche Geschäftsjahr zur Verfügung stehen. Trotzdem werde man in den nächsten Jahren jährlich über zehn Mio. Euro in die Schuldentilgung investieren müssen.

Wir dürfen den Schneeball nicht zur Lawine werden lassen

Markus Rejek

Türoffs Geschäftsführer-Kollege Markus Rejek erklärte auf GEISSBLOG-Nachfrage: “Wir haben zwar ein Jahr mit Rekordergebnissen in vielen Erlösbereichen. Davon dürfen wir uns aber nicht blenden lassen, weil das Ergebnis zur Bewältigung der Vergangenheit dient.” Denn die Einnahmen aus dem Rekordumsatz war bereits in 2020/21 und 2021/22 ausgegeben worden.

Rejek machte auch klar, warum es keine Option sei, diese Praktik fortzusetzen: wegen der Zinsen. Je mehr Schulden, desto höher die Zinsen – je weniger Schulden, desto geringer die zusätzliche finanzielle Belastung durch Zinsen. Rejek sagte: “Wir dürfen den Schneeball nicht zur Lawine werden lassen.”

Sonderfall Genussrechte

Ein Sonderfall im Schuldenberg des 1. FC Köln sind die sogenannten Genussrechte. Um das Eigenkapital zu stärken, hatte der FC in der Pandemie Mezzanine-Kapital zeichnen lassen. Die Geldgeber waren somit keine einfachen Kreditgeber, sondern stellten in dieser Form wirtschaftliches oder bilanzielles Eigenkapital zur Verfügung. Was normalerweise mit Stimmrechten wie bei echten Gesellschaftern verbunden wäre, war in diesem Fall aber nicht gegeben.

Der FC muss diese Genussrechte aber zurückzahlen. Türoff bezifferte die Höhe auf rund acht Millionen Euro. Dieses Geld muss aber nicht nur zurückgezahlt werden. Es wird vor der Tilgung auch wieder aus dem Eigenkapital gestrichen. Das bedeutet: Der FC verfügt zwar gerade über rund 15 Mio. Euro Eigenkapital – davon wird der FC aber acht Mio. Euro wieder zurückzahlen müssen. Die Höhe des aktuell angegebenen Eigenkapitals ist also trügerisch.

Fazit

Türoff und Rejek haben daraus am Mittwoch keinen Hehl gemacht. Beide verwiesen darauf, dass der FC keinesfalls bereits Schritte nach vorne gemacht habe, sondern vielmehr nach hinten aufgeräumt hätten. Erst ab 2024, wenn keine Sponsoring-Einnahmen mehr vorgezogen worden sind, wird es möglich sein, wieder strukturell etwas aufzubauen, weil dann alle Einnahmen auch wieder zu den angedachten Zwecken eingesetzt werden können.

Bereits jetzt musste der FC neben den oben genannten Verpflichtungen weitere Sonderausgaben in Kauf nehmen. Denn nach einem Jahrzehnt des Stillstands und der passiven Mängelverwaltung musste großflächig in die Infrastruktur am Geißbockheim investiert werden. Dafür wurden nun innerhalb eines Jahres rund sieben Millionen investiert. Gelder, die bilanziell zwar über Jahre abgeschrieben werden können, deren Rechnungen aber sofort gezahlt werden müssen – was wiederum die Liquidität belastet hat.

Und weil in der neuen Saison 2023/24 die Sondereffekte aus dem Vorjahr fehlen (Europa, Transfereinnahmen durch Spielerverkäufe), wird der zweistellige Millionengewinn, den Türoff nun präsentieren konnte, auch zunächst eine Ausnahme bleiben. Der Finanzboss erklärte zwar: “Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir wieder ein positives Ergebnis werden vorstellen können.” Er schränkte aber ein: “Ohne die Sondereffekte wird es deutlich schwieriger.” Der FC ist also längst nicht über dem Berg.

Und eines wissen die FC-Bosse auch: Die Schuldentilgung basiert aktuell auf der Annahme, dass der FC in der Bundesliga bleibt. Zwar gibt es auch einen Plan B für die Zweite Liga. Doch allen ist klar, dass der FC die Sanierung in diesem Umfang nur erfolgreich vorantreiben kann, wenn er erstklassig bleibt.

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