Werner Wolf auf dem Mitglieder-Stammtisch. (Foto: Bucco)

Werner Wolf auf dem Mitglieder-Stammtisch. (Foto: Bucco)

Diese drei Vorwürfe konnten die FC-Bosse nicht entkräften

Es war ein Abend der großen Entschuldigung und des Versuchs, auf die Sorgen der Mitglieder einzugehen. Die Verantwortlichen des 1. FC Köln konnten viele Fragen beantworten und klären. Drei Vorwürfe zur Transfer-Sperre blieben aber bestehen.

Über 800 Anhänger waren am Mittwochabend zur großen Aussprache in die MMC Studios gekommen. Der 1. FC Köln hatte geladen, und es ging sachlicher und strukturierter zu, als man es in der Vergangenheit bei den Geißböcken schon erlebt hat – und konstruktiver, als man hätte erwarten können. Und vor allem: Die Verantwortlichen hielten ihr Versprechen, dass der Mitglieder-Stammtisch gegen 23.30 Uhr erst dann endete, als alle Fragen gestellt waren.

So gingen alle Anwesenden schließlich mit dem Gefühl nach Hause, dass sie Gehör gefunden oder zumindest ihre Fragen hatten stellen dürfen. Es war das positive und notwendige Zeichen, um den FC wieder zu beruhigen. Die fünfeinhalb Stunden in Köln-Ossendorf hatten die Fans in vielen ihrer Sorgen wieder beruhigt. Auch wenn in der Frage der Transfer-Sperre und des CAS-Urteils drei entscheidende Vorwürfe nicht ausgeräumt werden konnten.

1. Warum kam der Versuch der Einigung mit Ljubljana so spät?

Diese Frage ist entscheidend mit Blick auf die Verantwortung der FC-Führung, die es nach dem Transfer von Jaka Cuber Potocnik nicht geschafft hatte, die Klage bei der FIFA zu verhindern. Olimpija Ljubljana hatte zunächst 2,5 Mio. Euro als Entschädigung verlangt. Im Jahr 2022 gab es von FC-Seite jedoch kein substantielles Gegenangebot. Erst im September 2023 gab es schließlich eine Einigung über 750.000 Euro, die jedoch letztlich von Ljubljana wieder zurückgezogen wurde.

Vizepräsident Carsten Wettich erklärte dazu: “Es gab Gespräche, aber für das, was wir hätten zahlen dürfen, gibt es gesetzliche Grenzen. Es war von Anfang an klar, dass Ljubljana keinen Anspruch auf zwei oder zweieinhalb Millionen Euro hat. Das ist durch die FIFA und den CAS auch bestätigt worden.” Und weiter: “Wir durften denen nicht diese Summe zahlen, weil sie darauf keinen Anspruch hatten. Da ist es egal, dass der Schaden jetzt in der Summe höher ist. Wir durften maximal das zahlen, was der Spieler wert ist. Auf dieser Basis gab es mehrere Gespräche mit Ljubljana, und bei einem dieser Gespräche haben wir eine Einigung erzielt.”

Der FC argumentierte also, man hätte alles versucht mit dem Angebot über 750.000 Euro. Dieses gab es jedoch erst im September 2023 (wenige Tage vor der CAS-Verhandlung), nicht aber schon im Sommer 2022 (noch vor der FIFA-Verhandlung), als es noch möglich gewesen wäre, die gesamte Klage aus dem Weg zu räumen. Warum der FC nicht bereits im Sommer 2022 diesen Betrag den Slowenen bot, beantworteten die FC-Bosse am Mittwoch nicht. Und ließen damit weiterhin offen, warum man nicht unmittelbar nach der Klage-Androhung durch Ljubljana auf eine Einigung gedrängt hatte, sondern erst über ein Jahr später, wenige Tage vor dem CAS-Prozess.

2. Welche Rolle spielte Jörg Jakobs?

Ein Name fiel am Mittwochabend häufiger in den Fragen der Mitglieder: Jörg Jakobs. Um ihn entbrannte sich eine Diskussion mit den FC-Bossen über dessen Rolle beim Potocnik-Transfer. Geschäftsführer Philipp Türoff gestand ein, dass Jakobs im Vorfeld des Transfers über den Spielerberater Goran Sukalo indirekt Kontakt zur Spielerseite gehabt haben könnte (der GEISSBLOG berichtete). Vor allem aber wurde die Frage gestellt, in welcher Funktion Jakobs diese Aufgabe ausübte.

Und hier wählte insbesondere Werner Wolf eine bemerkenswerte Formulierung: Jakobs sei zum damaligen Zeitpunkt im Winter 2021/22 in seiner Funktion “Berater der Geschäftsführung” gewesen. Seine Rolle als “Berater des Vorstands” im Sportkompetenzteam hätte man damals ausgesetzt. Jakobs hätte nur als “externe” Lösung Aufgaben übernommen, unter Anleitung der Geschäftsführung (damals zunächst nur Alexander Wehrle, ab dem 1.1.2022 auch Philipp Türoff).

Das jedoch widerspricht der offiziellen Mitteilung, die der 1. FC Köln am 30. Mai 2021 selbst veröffentlicht hatte. Darin hatte es geheißen: “Die Aufgaben von Horst Heldt werden zunächst Jörg Jakobs und Thomas Kessler übernehmen. Jörg Jakobs wird die strategische Ausrichtung des sportlichen Bereichs und die Kaderplanung verantworten. Thomas Kessler wird als operativer Leiter der Lizenzspielerabteilung die Schnittstelle zwischen Jörg Jakobs, Lukas Berg, Leiter Administration Lizenzspielerabteilung, und dem Team bilden.”

Demzufolge “verantwortete” (!) Jakobs zusammen mit Kessler alle Bereiche, die zuvor der “Sport-Geschäftsführer” Heldt geleitet hatte. Jakobs war also de facto weit mehr als ein externer Berater der Geschäftsführung. Er war der De-Facto-Sportchef und trat in dieser Zeit auch als solcher auf – und das auf expliziten Wunsch des Vorstands. Seine Rolle beim Potocnik-Transfer war daher von zentraler Bedeutung. Denn falls er tatsächlich vor dem 30. Januar 2022 mit der Spielerseite des damals 16-Jährigen in Kontakt gestanden hatte, war dies für Ljubljana der entscheidende Hinweis auf die Anstiftung zum Vertragsbruch, die man dem FC vorwarf. Doch auch am Mittwochabend verweigerten die FC-Bosse eine Stellungnahme zu Jakobs’ genauer Rolle.

3. Wer ist für die Fehler haftbar?

Es gab einen Moment, da verließen die FC-Bosse ihre Deckung. Sie gaben mehr oder weniger offen zu, schon am 31. Januar 2022 mit dem perfekten Transfer gewusst zu haben, sich auf verbandsrechtlich dünnem Eis befunden zu haben. “Die beiden Geschäftsführer haben auf Basis einer rechtlichen Beratung eine Entscheidung getroffen”, sagte Präsident Werner Wolf zu den Vorgängen am Tag von Potocniks Vertragsunterschrift. “Damals hat man sich angeschaut, wie die FIFA mit ähnlichen Fällen umgegangen ist, auch mit Vereinen, die vorher noch nie auffällig geworden sind.”

Ergänzend sagte Carsten Wettich: “In dem Vermerk zur Entscheidung, den Spieler zu verpflichten, wurden die Risiken beleuchtet zu der Frage, ob der Spieler wirksam gekündigt hat. Das Risiko einer Geldstrafe und das Risiko einer Transfer-Sperre wurden als sehr niedrig dargestellt.” Jedoch sei man sich damals durchaus bewusst gewesen, dass es dieses Risiko sehr wohl gegeben hat. Man habe es aber in Kauf genommen.

Der FC riskierte also wissentlich, gegen das geltende Recht der FIFA zu verstoßen, um den Spieler unter Vertrag zu nehmen. Nicht gestellt wurde an diesem Punkt die Frage, inwieweit die damalige Geschäftsführung für diese Entscheidung haftbar gemacht werden könnte. In Bezug auf die Frage, warum der FC nicht die 2,5 Mio. Euro an Ljubljana gezahlt hatte, erklärte Wettich: “Wenn wir das gemacht hätten, hätte die Geschäftsführung, die das gemacht hätte, jetzt ein ganz anderes Problem.” In Bezug auf die Frage, ob der Transfer an sich ein ähnliches Problem darstellen könnte, blieb eine Antwort aus.

Fazit

Der Transfer von Jaka Cuber Potoncik ist Vergangenheit. Auch das FIFA-Urteil und die Bestätigung durch den CAS lassen sich nicht mehr rückgängig machen. Doch die FC-Bosse versprachen am Mittwoch einerseits dafür zu sorgen, dass ein solcher Vorgang sich nie mehr wiederholen werde. Andererseits erklärte Wolf: “Viele verlangen Konsequenzen, und auch um diese werden wir uns als Vorstand kümmern.” Noch ist also nicht die Zeit gekommen, die Vorgänge vollständig hinter sich zu lassen. Der FC muss weiter aufarbeiten und die Lehren ziehen – und weitere offene Fragen beantworten.

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