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Die Polizei vergrößert den Graben weiter

Eine Botschaft der Stuttgart-Fans am Samstag gegen den FC. (Foto: IMAGO / Eibner)
Eine Botschaft der Stuttgart-Fans am Samstag gegen den FC. (Foto: IMAGO / Eibner)

Die Polizei ist nicht dazu da, zu provozieren und zu eskalieren. Was am Samstag in Stuttgart passiert ist, ist genau das Gegenteil dessen, wofür Beamte da sein sollten. So wird sich die Spirale nur noch immer schneller drehen.

Ein Kommentar von Marc L. Merten

Am Montag hat die Stuttgarter Polizei ihren Einsatz gegen hunderte Fans des 1. FC Köln erklärt. Das Spiel sei als “Hochrisikospiel” eingestuft worden wegen “wiederkehrender Auffälligkeiten der aktiven Kölner Fanszene insbesondere am Rande von Auswärtsspielen in der Vergangenheit” – namentlich nannten die Behörden die Vorfälle in Nizza.

Ebenso nannten sie das letzte Spiel des FC in Stuttgart im Mai 2022 als Grund, als “die Einlasskontrollen überrannt, es wurde massiv Pyrotechnik eingesetzt und am Ende des Spiels das Spielfeld durch die Fans des 1. FC Köln gestürmt”. Dass der Platzsturm nach Spielende von den Stuttgarter Fans ausging – inklusive massiver Provokationen vor dem Gästeblock – ließ die Polizei freilich außen vor.

Darum liegt Stuttgarts Polizeipräsident daneben

“Unser Ziel war, mögliche Gewalttäter im Vorfeld aus der Anonymität zu holen und verbotene Gegenstände zu beschlagnahmen, um so Vorfälle zu verhindern. Die Maßnahmen richteten sich dabei ausschließlich gegen Teile der aktiven Fanszene und nicht gegen die Kölner Fußballfans im Allgemeinen,” erläuterte Polizeipräsident Markus Eisenbraun.

Das, Herr Eisenbraun, ist nicht nur kolossal gescheitert, sondern auch ein schlechtes Beispiel dafür, wie die Polizei ihre Ohnmacht bei Menschenmassen mit Maßnahmen gegen Einzelpersonen rechtfertigt. Sehr wohl wurde am Samstag der Kölner Fußballfan im Allgemeinen unter Generalverdacht gestellt. Sehr wohl wurden am Samstag Regeln von der Polizei gebeugt, unter anderem die maximale Lenkzeit für Busfahrer an ihre Grenze geführt, während ihnen die Chance zu einer geregelten Pause genommen wurde.

Eskalation statt De-Eskalation

Wenn künftig auf Basis der Geschehnisse in Nizza – ohne jede Diskussion waren dies schlimmste Gewalttaten, die auch der GEISSBLOG auf das Schärfste verurteilt hat, die aber Merkmale aufwiesen, welche nichts mit Bundesliga-Spielen zu tun haben – alle Kölner Fans dauerhaft unter Generalverdacht gestellt werden und jedes Auswärtsspiel der Geißböcke automatisch zu einem Hochrisikospiel hochgestuft wird, dann macht die Polizei nicht nur ihre Arbeit nicht gewissenhaft, sie bewirkt auch genau das Gegenteil, was sie eigentlich bewirken soll.

In jeder Polizeischule in Deutschland wird gelehrt, dass Polizeiarbeit vor allem de-eskalierend wirken soll. Der Aufmarsch in Stuttgart jedoch war alles andere als das: Wasserwerfer und Maschinengewehre vor dem Stadion, die Kontrolle der Fan-Busse, die Eskorte der Busse über mehrere hundert Kilometer auf der Autobahn zurück nach NRW inklusive Sperren jeglicher Ausfahrten – all dies war überzogen und hatte nichts mit zu rechtfertigenden Maßnahmen zu tun, weil beim letzten Spiel Pyrotechnik im Block gezündet wurde.

Wer hat den längeren Schlagstock?

Diese General-Kriminalisierung von Fußballfans ist ein Teil der Spirale auf beiden Seiten, weshalb Polizei und Ultras keine gemeinsame Basis mehr haben. Nicht nur auf Seiten der Ultras gibt es Ablehnung und Hass auf die Polizei, auch auf Seiten der Polizei gibt es diese Gefühle gegenüber den Ultras. Und sie werden mitunter offen ausgelebt – auch auf Seiten der Polizei wird geschürt, befeuert, angefacht. Mit Aktionen wie am Samstag soll offenbar klargestellt werden: Die Polizei hat den längeren Schlagstock.

Solche Demonstrationen der Macht führen jedoch zu nichts. Die Ultras sind auch in Köln nicht immer Unschuldslämmer. Die Polizei muss zwar nicht derart vor ihnen auf die Knie gehen wie es die FC-Verantwortlichen öffentlich seit Monaten tun und jegliche Kritik vermeiden. Doch seit Jahren ändert die Polizei an ihrem Vorgehen nichts und wundert sich, dass sich auf der anderen Seite nichts ändert. Eine Partei muss anfangen sich auf die andere zuzubewegen. Ansonsten werden Vorfälle wie am Samstag wohl zum ständigen Begleiter nicht nur von Kölner Auswärtsfahrten.

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