Yann Bisseck hat mit dem 1. FC Köln abgeschlossen. Jetzt spielt der 22-Jährige für Inter Mailand. Wie der Innenverteidiger sich beim Weltclub fühlt und welche Ziele er hat. Der zweite Teil des großen GEISSBLOG-Interviews mit dem jüngsten Profi der FC-Historie.
Das Interview führte Daniel Mertens
GEISSBLOG: „Herr Bisseck, Sie tragen jetzt das Trikot von Inter Mailand. Kommen Sie sich vor wie in einem Traum und wie haben Sie sich eingelebt?“
YANN BISSECK: „Man realisiert es erst mit der Zeit. Als ich in Dänemark spielte und der Name zum ersten Mal auftauchte, war ich etwas ungläubig. Mittlerweile bin ich aber richtig angekommen, habe meine eigene Wohnung. Italienisch muss ich noch lernen, aber ich verstehe das meiste, weil ich Französisch spreche, und das hat viele Ähnlichkeiten. Sobald ich die Sprache beherrsche, bin ich hier komplett zuhause.“
Sie haben einen Fünfjahres-Vertrag unterschrieben. Was sind Ihre Ziele in dieser Zeit und wie bewerten Sie diesen Vertrauensbeweis?
Das ist eine Wertschätzung. Natürlich muss ich jetzt am Anfang geduldig sein, mich reinarbeiten und ein bisschen was abschauen, weil ich einer der jüngsten Spieler im Kader bin. Aber mit Blick auf die fünf Jahre ist es der Plan, dass ich mich zu einem der besseren Verteidiger der Welt entwickle. Das Potenzial wird mir zugeschrieben und hier ist der beste Ort, um dieses Potenzial zu entfalten, auch wenn bei es am Anfang vielleicht ein bisschen dauern wird. Aber ich denke, auf lange Sicht ist es die absolut richtige Entscheidung.
Sie treten bei Inter in die Fußstapfen deutscher Stars wie Karl-Heinz Rummenigge, Lothar Matthäus, Andreas Brehme, Jürgen Klinsmann und Matthias Sammer – erfüllt Sie dies mit Stolz?
Ich habe das bei meinem Wechsel oft gelesen, aber ich beschäftige mich nicht besonders damit. Ich hoffe einfach, dass ich die Tradition als zehnter deutscher Spieler bei Inter mit Erfolg fortführen kann.
Mit Robin Gosens war bis Anfang August noch ein aktueller deutscher A-Nationalspieler bei Inter. Gab es vor dem Wechsel bereits Kontakt?
Nein. Ich kannte Robin vorher nicht. Als ich hier war, hat er mir aber viel erzählt und in den ersten Wochen viel geholfen. Ich finde es schade, dass er weg ist, aber in Berlin ist er gut aufgehoben. (lacht)
Sie haben direkt im ersten Serie-A-Spiel gegen Monza debütiert. Mit welchen Gefühlen sind Sie im Meazza-Stadion aufgelaufen?
San Siro ist schon eine Wahnsinnsarena. Das war echt überwältigend, wie laut die Fans sind und mit wie viel Leidenschaft sie dabei sind. Man wird von den Zuschauern getragen, ich habe mich richtig gefreut ins Spiel zu kommen. Natürlich war da auch ein Druck dabei, weil der Trainer auch etwas von einem erwartet. Aber größtenteils war es einfach eine Freude, weil ich offiziell für Inter Mailand spielte und damit den nächsten Schritt gemacht habe. Das war ein sehr schönes Gefühl. Das Stadion ist natürlich ein bisschen altmodisch, aber der Rasen ist perfekt, das ist eine Sache, die man erlebt haben muss. Ich war sehr froh, dass der Trainer mir im ersten Spiel ein paar Minuten geschenkt hat.
Wie ist Ihr Draht zu Trainer Simone Inzaghi?
Es gibt natürlich noch eine kleine Sprachbarriere, weil hier wenig Englisch gesprochen wird. Aber deswegen lerne ich Italienisch und verstehe mittlerweile auch genauer, was er von mir verlangt. Bei ihm muss man sich das Vertrauen erarbeiten. Er ist sehr leidenschaftlich dabei. Ich habe direkt am Anfang in den Trainingseinheiten gemerkt, dass ich mich dort erst einmal beweisen muss und noch gar nicht ans Spielen denken konnte. Erst musste ich im Training zeigen, dass ich für das Spiel eine Alternative bin. Das war ich ehrlicherweise nicht gewohnt. Bei meinen vorherigen Vereinen hatte ich das Selbstvertrauen, dass ich ohnehin spielen werde.
Bei der U21-Europameisterschaft waren Sie der Kapitän der DFB-Auswahl. Wie blicken Sie auf diese Entscheidung des Trainers Antonio Di Salvo und das Turnier zurück?
Ich wusste, dass der Trainer viel von mir hält, auch wenn ich nicht so oft dabei war. Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass ich zum Kapitän ernannt werde. Das hat mich natürlich sehr gefreut und es war eine große Ehre. Das erste Spiel vergisst man natürlich auch nicht so schnell, wenn man in die Kabine geht und sieht die Binde auf deinem Platz liegen. Da macht man dann schon ein Foto. (lacht)
Und dann?
Wenn man dann die Binde trägt, ändert sich schon etwas. Die Leute erwarten ein anderes Auftreten. Diese Leader-Rolle war für mich eine sehr gute Erfahrung, Das passt eigentlich auch gut zu meiner Persönlichkeit. Der sportliche Erfolg ist leider ausgeblieben, da könnte ich jetzt hundert Sachen aufzählen, woran es gelegen hat. Am Ende muss ich sagen, hätten wir das erste Spiel gewonnen (1:1 gegen Israel), wären wir ins Halbfinale gekommen. Aber so ist es leider nicht geschehen.
Wie ist nach Ihrem Ende in der U21 der Kontakt zum DFB? Sehen wir Sie zeitnah in der A-Nationalmannschaft?
Ich habe aktuell keinen direkten Kontakt zum DFB, aber ich hoffe, dass der Verband mit meinem Verein im Gespräch ist. Wenn man bei Inter Mailand spielt, hat man hoffentlich die Aufmerksamkeit vom Nationaltrainer. Ich muss jetzt natürlich auf meine Einsatzminuten kommen. Mein guter Freund Malick Thiaw ist ein ganz gutes Beispiel. Als er seine Einsatzzeiten bekam, kam auch die Einladung zur Nationalmannschaft. So schnell kann es gehen. Ich hoffe natürlich sehr, dass es eines Tages klappt, aber damit befasse ich mich gerade wirklich überhaupt nicht. Meine Aufgabe hier in Mailand ist groß genug. Mit Blick auf die Europameisterschaft im eigenen Land wäre es aber schon eine sehr schöne Sache, dabei zu sein. Das ist aber noch ein weiter Weg für mich.
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