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Sorgen um die Bundesliga? Wehrle: “Ich denke an die ganze EU!”

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Horst Heldt, Frank Aehlig und Alexander Wehrle am letzten FC-Trainingstag vor dem Bundesliga-Stillstand. (Foto: Bucco)

Wie viele Millionen oder Milliarden Euro könnten die Fußballklubs in Deutschland und Europa verlieren, sollte es wochen- oder gar monatelang keinen Fußball zu sehen geben? Diese Frage scheint viele Menschen zu beschäftigen. Doch nicht nur Alexander Wehrle denkt weit über die Bundesliga hinaus. Denn weil nicht vorhersehbar ist, wie es weitergeht, sollten die Menschen vor allem gesamtgesellschaftlich denken.

Köln – Beim 1. FC Köln wurden Maßnahmen ergriffen, die über die Fußballabteilung hinaus gehen. Das Coronavirus hat dazu geführt, dass die Geschäftsstelle bis auf Weiteres nur noch teilweise besetzt sein wird. Pro Abteilung wurden zwei Teams gebildet, die rotierend im Zwei-Wochen-Rhythmus entweder im Home-Office oder vor Ort in der Geschäftsstelle arbeiten sollen. Weniger Kollegenkontakt, mehr Platz im Büro, flexible Arbeitszeiten, dazu nach GBK-Informationen auch ein FC-Krisenstab für den Fall der Fälle: Das Geißbockheim hat sich ebenso wie viele andere Unternehmen auf der ganzen Welt auf den Ernstfall eingestellt.

Denn klar ist längst: Durch die medizinischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie geht es längst nicht mehr um die Aufrechterhaltung eines Spielbetriebs, sondern um die Fortsetzung von Unternehmensbetrieben, um den Menschen nicht nur gesundheitlich nötige Rahmenbedingungen in Corona-Zeiten zu geben, sondern auch die Sicherheit, dass der Arbeitsplatz erhalten bleibt und die Firmen ihre Betriebe weiterführen können. FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle hat deswegen in Absprache mit dem Vorstand und seinem Co-Geschäftsführer Horst Heldt entsprechende Maßnahmen bei den Geissböcken eingeleitet. “Wir sind jetzt alle gut beraten auf Sicht zu fahren und besonnen zu entscheiden”, sagte Wehrle dem GEISSBLOG.KOELN.

Gesundheitliche Sorgen gehen mit wirtschaftlichen Sorgen einher

Dieses “auf Sicht” bezieht sich nicht nur auf die Bundesliga, sondern auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und die sich daraus ableitenden Entscheidungen. Aufgrund der kaum vorhersehbaren Perspektive der kommenden Wochen mahnt Wehrle keine Horrorszenarien entstehen zu lassen, jedoch realistisch einzuschätzen, was Sinn macht und was nicht. Die Gesundheit der Menschen, so wiederholt der 45-Jährige wie viele seiner Kollegen in allen Branchen gebetsmühlenartig, stehe über allem. Darüber hinaus sei es die Pflicht der Verantwortlichen in Unternehmen, alles zu tun, um die bevorstehende Rezession nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt im Rahmen zu halten. Denn dass die gesundheitlichen mit wirtschaftlichen Sorgen einher gehen, bestreitet längst niemand mehr.

Auch deshalb hält die Deutsche Fußball Liga, in deren Vorstand Wehrle sitzt, daran fest, den Spielbetrieb irgendwann wieder so fortsetzen zu können, dass man einen sportlichen Abschluss der Saison 2019/20 finden kann. “Das oberste Ziel muss sein, dass wir die Saison mit 34 Spieltagen beenden können”, sagte Wehrle. “Ich kann mir deshalb unter den aktuellen Umständen nicht vorstellen, dass eine EM im Sommer stattfinden kann.” Die Europameisterschaft ist bekanntlich eines der entscheidenden Elemente im internationalen Spielplan, die man bedenken müsse.

Was passiert mit den Verträgen, wenn am 30. Juni die Liga noch läuft?

Ein wichtiger Grund, warum die Bundesliga bei aller Unvorhersehbarkeit hofft, die Liga bis zum 30. Juni 2020 beenden zu können, sind die Verträge. Nicht nur Sponsoren- und Vermarktungsverträge, sondern vor allem auch Spieler- und Trainerverträge. Zur Erinnerung: Beim 1. FC Köln haben Sportchef Horst Heldt und Cheftrainer Markus Gisdol nur dann über den 30.06.2020 hinaus gültige Verträge, sofern der FC den Klassenerhalt in der Saison 2019/20 schafft. Mark Uth und Toni Leistner sind nur bis zum 30. Juni von ihren Klubs an den FC ausgeliehen, der Kontrakt mit Thomas Kessler läuft Ende Juni aus. Niemand in der Liga weiß, wie es um all diese Verträge stünde, sollten die Ligaspiele über diesen Stichtag hinaus, der gleichzeitig auch das Geschäftsjahr aller Bundesligisten abschließt, weitergeführt werden müssen.

Im Worst Case bekäme auch der FC Bayern Probleme

Mit diesen Unsicherheiten beschäftigen sich die Vereine bislang jedoch nur in einem Worst-Case-Szenario, über das niemand so ganz konkret reden will. Annahmen von TV-Gelder-Ausfällen und potentiellen Millionen- oder Milliarden-Schäden sind alleine schon deswegen unseriös, weil niemand das genaue Zeitfenster der Spielpause bestimmen kann. Sollte sogar die kommende Bundesliga-Saison in Gefahr geraten, wäre selbst ein Riese wie der FC Bayern München gefährdet, da er den mit Abstand teuersten Kader zu finanzieren hätte, ohne auf TV-Gelder, Vermarktungseinnahmen oder Zuschauergelder zählen zu können. Die Folgen wären also in jeder Hinsicht unvorhersehbar – sie wären jedoch nicht nur auf die Bundesliga oder den Fußball beschränkt.

Dann wäre eine abgesagte Fußballliga das geringste aller Probleme

Dies weiß auch Wehrle, der mahnt: “Ich mache mir nicht nur über die Bundesliga oder über Deutschland Gedanken, sondern über die Europäische Union”, sagte der Finanzboss im GBK-Gespräch. Eine Rezession hätte nicht nur für verhältnismäßig wirtschaftlich stabile Länder wie Deutschland oder die skandinavischen Ländern Auswirkungen, sondern womöglich verheerende auf instabile EU-Länder wie Italien, Portugal, Spanien oder Griechenland. Und damit auf die Stabilität der gesamten Europäischen Union. Probleme, die mit einfachen Fußballspielen nichts mehr zu tun hätten. “Es geht um existenzielle Sorgen, um gesamtgesellschaftliche Konsequenzen”, sagte Wehrle. “In einer solchen Phase ist es wichtig, ruhig zu bleiben und sich an Vorgaben zu halten.” Und das erst einmal kurzfristig, solange realistische Vorhersagen über den Verlauf der Coronavirus-Pandemie nicht möglich sind.

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