Horst Heldt hat einen anderen Weg als seine Vorgänger eingeschlagen. Statt die wichtigsten Posten beim 1. FC Köln mit treuen Gefolgsleuten ohne jeden FC-Bezug zu besetzen, sendet der Geschäftsführer Sport nach etwas mehr als 13 Monaten im Amt deutliche Signale in den Verein und die Geschäftsstelle. Heldt setzt auf den Faktor Köln und damit auf die Entwicklung eigener Talente auch abseits des Rasens. Ein Weg, der zu lange vernachlässigt wurde.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Die Zeichen wiesen in eine andere Richtung. Kaum gab der FC die Trennung von Frank Aehlig bekannt, rankten Gerüchte um Gerhard Zuber und gab es ein verbrieftes Treffen Heldts mit Arnd Hovemann. Kaum bestätigte der Sportchef die Trennung von Chefscout Willi Kronhardt, lief Harald Cerny durch die Gänge des Geißbockheims. Nachtigall, ick hör’ dir trapsen – so ging es manchem Beobachter nicht nur außerhalb des FC, sondern auch innerhalb. Es schien, als ob Heldt doch nur der nächste Geschäftsführer Sport sei, der jahrelange Sidekicks und private Freunde zum FC holen und die Eigengewächse im Haus links liegen lassen würde.
Entscheidungen für Fußballromantiker
Doch Heldt hat seine Kritiker eines Besseren belehrt. Martin Schulz wurde Chefscout, ein jahrelanger und verdienter FC-ler, der sich nach oben gearbeitet hat. Martin Bülles, NLZ-Chefscout und von Bayer 04 Leverkusen umworben, wurde gehalten und in seinem Amt gestärkt, indem ihm Mitsprache bei der perspektivischen Profi-Kaderplanung zugesichert wurde. Und nun auch noch Lukas Berg, ein 27-jähriger Jungspund, seit fünf Jahren beim FC, in Bergisch-Gladbach geboren, im Rheinland verankert, der zwar noch keine Erfahrung in seiner neuen Position hat, aber in Heldt einen Ziehvater, der sich einen hart arbeitenden und modernen Kopf an seiner Seite aufbauen will. Schulz, Bülles, Berg – ein Trio mit FC-Stallgeruch unter der Führung Heldts, einem FC-Helden der 1990er Jahre: Wer Fußballromantiker ist, muss darin etwas Positives sehen. Ob’s klappt? Das weiß jetzt noch niemand. Doch am Mut des Sportchefs kann man sich erfreuen.
Schmadtke holte einst seinen Sohn und einen Pressesprecher aus Hannover. Veh holte Aehlig, Kronhardt und Lapaczinski. Heldt hingegen setzt auf Schulz, Bülles und Berg. Ein deutlicheres Zeichen nach außen, aber vor allem nach innen hätte der 51-jährige nicht setzen können. Die Entscheidungen mögen auch finanziell machbarer gewesen sein als die Verpflichtung externer Experten. Doch aus der Not eine Tugend zu machen, hat dem FC in seiner Vergangenheit nur selten geschadet. In der Regel bildeten diese Momente die Chance für große Karrieren. Die Profi-Mannschaft macht es seit einem Jahr wieder vor, indem sie eigene Talente einbaut und diese beweisen, dass sie im Haifischbecken Bundesliga überleben können. Warum nicht also auch auf Führungsebene?
Berg wie Boldt? So macht auch Cernys Verpflichtung Sinn
In anderen Klubs, darauf wies der GEISSBLOG.KOELN in den letzten Wochen immer wieder hin, gehört dieser Weg längst zum guten Ton. In Leverkusen beispielsweise haben die jeweiligen Sportchefs ihre Assistenten über Jahre stets selbst aufgebaut. Ilja Kaenzig und Andreas Rettig wurden von Reiner Calmund gefördert, Rudi Völler nahm Jonas Boldt unter seine Fittiche, ehe er auf Simon Rolfes setzte. In Mönchengladbach führt Max Eberl inzwischen Christopher Heimeroth als seinen Assistenten an den Job heran. Beim FC Bayern ist es schon lange Tradition, die Positionen aus den eigenen Reihen zu besetzen, ebenso bei Borussia Dortmund oder Werder Bremen. In Mainz griff man nun in der Krise ebenfalls wieder auf diesen Weg zurück. Heldt will ihn nun auch beim FC etablieren. Freilich ist die FC-DNA alleine keine Garantie für Erfolg. Doch eines gilt als sicher: Schulz, Bülles und Berg werden nicht nur Heldt gegenüber loyal sein, sondern vor allem gegenüber dem FC.
In dieser Konstellation macht auch die Personalie Harald Cerny Sinn. Freilich, den Österreicher und Heldt verbindet eine lange Freundschaft. Doch gleichzeitig suchte der FC einen Scout explizit für Österreich und die Schweiz, der in der Region ansässig ist und beste Verbindungen auch in den süddeutschen Raum pflegt. Cerny erfüllt all diese Kriterien als österreichisches Idol, Ex-Profi des FC Bayern und TSV 1860, Jugendtrainer des FC Bayern und Besitzer der UEFA-Trainerlizenz. Heldt machte Cerny eben nicht zum Chefscout, sondern holte ihn für einen konkreten Zielmarkt. Während Martin Schulz die Abteilung als jahrelanger Kenner des FC leiten wird, wird Cerny unter ihm arbeiten und einen Bereich bearbeiten, in dem sich kaum jemand besser auskennen dürfte als der 47-jährige.
Erst jetzt beginnt Heldt den FC zu verändern
Gespannt sein darf man auf die nächsten Schritte. In Thomas Kessler belegt aktuell ein Kölner Ex-Profi das Management-Programm des Deutschen Fußball-Bundes. Der DFB strebt an, dass jeder Bundesligist in einigen Jahren mindestens einen Absolventen dieses zweijährigen Lehrgangs beschäftigen muss. Kessler würde somit quasi automatisch zu jenen Eigengewächsen gehören, die bald eingebaut werden. Auch andere (oder baldige) Ex-Profis könnten dazu kommen, wenn die Zeit reif ist.
Doch Heldt hat nun erst einmal deutliche Duftmarken gesetzt. Entgegen vieler Manager vor ihm oder bei anderen Klubs hatte der 51-jährige zunächst keine personellen Veränderungen vorgenommen. Er hatte Aehlig und Kronhardt im Amt belassen, im Nachwuchs nichts verändert, einzig der Mannschaft ein neues Gesicht gegeben. Erst jetzt, nach einem Jahr, beginnt der Geschäftsführer Sport mehrere Schlüsselpositionen im sportlichen Bereich neu zu besetzen und damit auch ihre Ausrichtung zu verändern. Erst jetzt baut sich Heldt den FC nach seinen Vorstellungen – und zwar von innen heraus. Im Klub und auch in der Stadt dürfte er für diesen Weg viele Unterstützer finden.
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