Es ist soweit: Endspiel. Finale. Letzte Ausfahrt Schalke. Für den 1. FC Köln geht es am Samstag gegen die Königsblauen ums Überleben in der Bundesliga. Die Vorzeichen sind klar: Die Mannschaft von Friedhelm Funkel muss liefern. Sonst droht nicht nur der Abstieg, sondern auch der komplette Riss mit den Anhängern. In den 90 Minuten gegen S04 geht es um mehr als nur den Klassenerhalt.
Köln – Wer einen Vorgeschmack brauchte, um was es am Samstag für den 1. FC Köln geht, der musste nur am Freitagnachmittag durch den Grüngürtel laufen. Als hätte sich eine Großdemonstration angesagt, waren Dutzende Polizisten rund ums Geißbockheim aufgezogen, gekommen in einem knappen Dutzend Kleinbussen, geparkt an den Ein- und Ausfahrten des Trainingsgeländes, positioniert an den neuralgischen Punkten der FC-Heimat. Veranlasst hatten das die Behörden, selbst die FC-Verantwortlichen waren von dem Aufmarsch überrascht worden.
Fanszene bereitet sich auf alle Szenarien vor
Unwahrscheinlich war es sicher nicht gewesen, dass schon am Tag vor dem Spiel gegen Schalke 04 eine große Menge an Fans kommen würde. Einerseits, um den Spielern Mut zuzusprechen und sie noch einmal einzuschwören. Andererseits, um sie mehr oder weniger subtil daran zu erinnern, worum es am Samstag geht. Spätestens seit den Jagdszenen nach dem Schalker Abstieg in Gelsenkirchen sind in Köln die Verantwortlichen wieder sensibilisiert, dass es zu hässlichen Szene kommen könnte, sollte es für den FC am Samstag zum siebten Mal in Liga zwei gehen. Eine “schwarze Wand” wie 2012 wird es nicht geben, schließlich werden keine Zuschauer im Stadion sein. Doch in der Fanszene heißt es, man habe sich auf das Abstiegsszenario vorbereitet.
Dass die Menschen in Köln vor dem Spiel geschlossen hinter den Geißböcken stehen werden, versteht sich bei diesem Klub von selbst. Ex-Spieler, Prominente, Fans – ganz Köln hofft auf die FC-Rettung in letzter Sekunde. Doch gleichzeitig haben sich der Klub und die Polizei auch schon auf den Worst Case vorbereitet – den Abstieg. Die Behörden erteilten den Klub den Auftrag, das Stadion rundherum abzuriegeln. Dies geschah bereits von Donnerstag auf Freitag. Näher als zur Straße auf Südkurven- und zu den Abelbauten auf Nordkurvenseite kommt man nicht mehr an das RheinEnergieStadion heran. Der äußere Umlauf ist also wieder dicht. Waren Anhänger zuletzt noch zahlreich bis zu den Toren vorgedrungen, um durch die seitlichen Fluchtwege die Spieler laufstark zu unterstützen, ist ein solches Vordringen nun nicht mehr möglich.
Polizei spricht von “blank liegenden Nerven”
Die Sicherheitsbehörden erwarten über 1000 Kölner Fans an den Jahnwiesen. Sprechchöre vor und während des Spiels wird es sicherlich geben. Was danach passiert, hängt vom Spielverlauf ab. Da überraschte am Freitag das schriftliche Statement von Michael Tiemann, dem leitenden Kölner Polizeidirektor. Deeskalierende Worte ließ er vermissen, sprach stattdessen davon, dass “in der Kölner Fußballszene die Nerven blank liegen” und die Polizisten “genau hinschauen werden, um drohende Auseinandersetzungen früh zu erkennen und zu unterbinden”. Das mag der Wahrheit entsprechen. Eine ausgestreckte Hand in Richtung Kölner Fanszene ließ sich daraus jedoch nicht erkennen.
Der 1. FC Köln versuchte es derweil mit einer neutraleren Formulierung. “Der FC und seine Mannschaft freuen sich über jede Form von Support, um das Spiel gegen den FC Schalke zu gewinnen und in der Bundesliga zu bleiben”, hieß es in einer Klub-Mitteilung. “Aufgrund der Corona-Pandemie ist das nach wie vor nicht in dem Maße möglich, wie wir alle uns das wünschen. Für den 1. FC Köln genauso wie für alle Bürger in Köln gilt nach wie vor die Corona-Schutzverordnung, die auch am Samstag rund um das Stadion berücksichtigt werden muss. Auf Vorgabe der Polizei und des Ordnungsamts steht deshalb, wie bei den ersten Geisterspielen nach der Corona-Pause, rund um das RheinEnergieStadion ein Zaun, um größere Menschenansammlungen zu vermeiden.”
Ein Abstieg würde zur Zerreißprobe
Von den Jahnwiesen werden sich die Fans aber kaum fern halten lassen. Von dort aus werden die FC-Anhänger beobachten, was sich im Stadion-Inneren zuträgt. Gelingt den Geißböcken der zwingend notwendige Sieg, um mindestens die Relegation zu erreichen? Was machen die Konkurrenten aus Bremen und Bielefeld? Nach über einem Jahr Corona ist eine tiefe Kluft entstanden zwischen Fans und Klub. Nur der Klassenerhalt könnte diese am Samstag wieder verkleinern. Andernfalls dort den Geißböcken eine Zerreissprobe, die sich monatelang durch den FC ziehen dürfte. Denn ein neuerlicher Abstieg im Mai 2021 würde gänzlich anders aufgenommen als der krachende Niedergang in 2017/18. Und so geht es am Samstag nicht nur um Punkte und Tore, sondern um die Zukunft des 1. FC Köln.
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