Stefan Ruthenbeck und Marco Höger besprechen eine taktische Änderung. (Foto: imago/Eibner)

Ruthenbeck gesteht: “Da habe ich mich verzockt”

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Vier Gegentore, zwei nach ruhenden Bällen, das letzte nach einem Konter: Doch Trainer Stefan Ruthenbeck hat nach dem 2:4 (0:1) des 1. FC Köln bei Eintracht Frankfurt vor allem einen taktischen Fehler zu Spielbeginn eingestehen müssen. Der FC ließ sich von Niko Kovacs Mannschaft ausmanövrieren.

Frankfurt – Das Spiel war gut 20 Minuten alt, da beorderte Stefan Ruthenbeck Marco Höger zu sich. Dieser Moment war nicht nur deswegen bemerkenswert, weil der neue FC-Coach eine taktische Änderung nicht mit Kapitän Matthias Lehmann, sondern mit Höger besprach. Es war auch das Eingeständnis einer Fehleinschätzung.

Die Weder-Fisch-noch-Fleisch-Verteidigung

Ruthenbeck musste erkennen, dass seine taktische Marschroute den Frankfurtern in die Hände gespielt hatte. Der FC begann gegen die Eintracht im klassischen 4-4-2, allerdings tief stehend, abwartend und nur im Raum verteidigend. Kein Druck auf den Spielaufbau um Marco Russ, kein Druck auf die Flügelspieler Timothy Chandler und Danny da Costa, kein Druck zwischen den Ketten, nur ein Hinterherlaufen fast ohne direkte Zweikämpfe. Letzteres, also das nahezu körperlose Spiel hatte Ruthenbeck freilich nicht vorgegeben. Eigentlich hatte sich der Coach Ballgewinne erhofft. Doch die Spieler verweigerten sich einer aktiven Teilnahme am Spiel, und so fand Frankfurt gegen tiefstehende Kölner immer wieder Räume.

So fiel das 0:1 fast schon in der 3. Minute, als Sörensen Chandler einfach davon laufen ließ und der Frankfurter nur noch von Timo Horn gestoppt werden konnte. In der 15. Minute war es dann aber geschehen, als Milos Jojic, Jonas Hector, Matthias Lehmann und Dominique Heintz allesamt nur hinterher liefen. Zweikämpfe? Fehlanzeige. Und in der 18. Minute hätte Chandler über einen nahezu identischen Angriff wie vor dem 0:1 beinahe das 0:2 erzielt. Der Pfosten verhinderte dies.

 Wir wollten kompakt stehen, aber…

Da reagierte Ruthenbeck auf die Weder-Fisch-noch-Fleisch-Verteidigung, die seine Spieler zeigten. Er beorderte die Profis nach vorne, hob die Pressinglinien an und ließ den Spielaufbau der Frankfurter früher und aggressiver attackieren. Der FC fand so ins Spiel, und doch liefen die Geissböcke einem Rückstand hinterher. Das Flügelspiel der Frankfurter bekam Köln allerdings auch nach der Umstellung nie in den Griff.

Ein Umstand, den die Spieler allesamt nach dem Schlusspfiff kritisierten. Von Simon Terodde über Marco Höger bis Marcel Risse – sie alle wussten, dass sie mit ihrer passiven Spielweise daneben gelegen hatten. “Wir wollten kompakt stehen, aber in den ersten 20 Minuten ist uns das nicht gelungen”, sagte Doppeltorschütze Terodde. Mit dem weitgehend indisponierten Sturmpartner Jhon Cordoba lief er dem Geschehen in der ersten Hälfte fast völlig hinterher, übte kaum einmal Druck auf die Frankfurter aus. So fand das Spiel zunächst ohne die beiden FC-Angreifer statt. Erst nach der Umstellung wurde es besser.

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Ruthenbeck übernimmt die Verantwortung

Nach der Partie gestand Stefan Ruthenbeck, dass die Anfangsphase auf seine Kappe ging. “In der ersten Halbzeit waren wir zu passiv, das lag klar in meiner Verantwortung”, sagte der FC-Coach nach den enttäuschenden 90 Minuten von Frankfurt. Auch, wenn er seinen Spielern sicherlich nicht vorgegeben hatte, jeglichen Zweikämpfen aus dem Weg zu gehen, musste er erkennen, dass seine Spieler die Marschroute nicht umgesetzt bekamen. “Wir wollten tiefer stehen und über das Umschalten kommen. Aber wir haben keinen Druck aufbringen können. Da muss ich mich als Trainer in die Verantwortung nehmen und sagen: Es hat nicht geklappt, was wir uns vorgenommen haben. Ich habe heute Fehler gemacht.”

Ehrliche Worte, die wohl auch in der Mannschaft wahrgenommen wurden. Denn die Spieler hatten andererseits von ihrem Trainer nach dem Spiel ebenfalls deutliche Kritik zu Ohren bekommen. Der Einbruch unmittelbar nach dem Ausgleich dürfte auch noch in einigen Tagen für die Verantwortlichen ein Rätsel bleiben. Drei Gegentore in acht Minuten, davon zwei nach Standards, Auflösungserscheinungen im Defensivverhalten und ein  Trainer, der eindeutig feststellte: “Heute ist eine neue Baustelle aufgegangen: das Verteidigen von Standards. Da hat weniger die Zuteilung nicht gestimmt als die Konsequenz, alles dafür zu tun, das Ding zu verteidigen. Wir haben nicht alles dagegen gesetzt.”

Risse kritisiert risikoreiche Ausrichtung

Beim 1:2 durch Marco Russ standen Heintz, Sörensen und Meré allesamt beim Frankfurter und schafften es doch nicht, das Tor zu verhindern. Beim 1:3 erzielte der an diesem Tag äußerst schwache Jonas Hector beinahe erst ein Eigentor, ehe Simon Falette schneller schaltete als Sörensen und den Ball über die Linie drückte. Zwei Freistöße, die der FC durch Konzentrationsschwächen und individuelle Fehler kassierte und deren Folgen irreparabel waren. “In dieser Phase machen wir erst nicht unverdient das 1:1”, sagte Ruthenbeck. “Eigentlich denkst du, dass es jetzt losgeht. Aber genau dann verteidigen wir die Freistöße nicht. Das war bitter. Auch das vierte Gegentor war ganz schlimm verteidigt. Plötzlich stand es 1:4 und man fragte sich: Was ist in den acht Minuten passiert?”

Auffällig war, dass der FC erneut – wie schon gegen Dortmund – nur eine Minute nach einem Ausgleichstreffer gleich wieder durch eine Nachlässigkeit in Rückstand geriet. Waren die Spieler wieder nur noch auf Offensive gepolt, ohne an die Defensive zu denken? “Wir machen hier den Ausgleich und kassieren dann direkt wieder das Gegentor”, kritisierte Comebacker Marcel Risse und schob hinterher: “Ich weiß nicht, ob es so gut ist, wenn wir Harakiri spielen. Im Moment brauchen wir jeden Punkt, dafür müssen wir cleverer spielen.”

Das hat nichts mit Harakiri zu tun

Ruthenbeck hat aber bekanntlich vorgegeben, dass Unentschieden aktuell nicht ausreichen und der FC auf Sieg spielen sollte. Der FC-Coach wollte den Vorwurf allerdings nicht gelten lassen, denn die Tore nach dem Ausgleich waren nicht der taktischen Ausrichtung geschuldet. “Ich ärgere mich, dass wir nicht von Beginn an aktiver gepresst haben. Da habe ich mich verzockt. Aber die zwei Tore, die wir nach dem Ausgleich kassieren, sind Standardsituationen. Das hat nichts mit Harakiri zu tun”, sagte der 45-Jährige deutlich. Dennoch blieb am Ende der zweiten Niederlage in Folge: sieben Gegentore in zwei Spielen – der FC muss seine Abwehr wieder in den Griff bekommen. Denn als Schießbude der Liga steigt Köln garantiert ab.

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