Warum will der FC Louis Schaub und Co. abgeben? Wie gelingt der Balanceakt zwischen kurzfristiger Rettung in der Bundesliga und langfristiger Förderung der Talente? Wie steht es um Horst Heldts Vertrag? Und was passiert mit dem Geißbockheim in 2020? Im zweiten Teil des großen Geschäftsführer-Interview mit dem GEISSBLOG.KOELN sprechen Horst Heldt und Alexander Wehrle über die größten Herausforderungen im neuen Jahr. (Hier geht’s zum ersten Teil des Interviews)
Das Interview in Benidorm führten Sonja Eich und Marc L. Merten
Kommen wir noch mal auf die Wintertransfers zu sprechen. Der FC hat vier Spielern mitgeteilt, dass sie sich neue Klubs suchen können. Gibt es schon konkrete Angebote für diese Spieler?
Horst Heldt: Es gibt noch keine konkreten Verhandlungen. Wir sind aber darüber informiert, dass Gespräche stattfinden. Es sind immer vier Parteien beteiligt: Der Spieler, die Berater, der aufnehmende Verein und wir als abgebender Verein. Am Ende muss es für alle Seiten passen. Das ist nicht immer ganz so einfach.
Alexander Wehrle: Und wir sind noch früh in der Transferperiode, das darf man nicht vergessen.
Heldt: Es ist gut möglich, dass der eine oder andere Spieler in die Zweite Liga wechselt. Die fängt später an, deswegen sind die Vereine noch nicht so aktiv wie die Bundesligisten.
Gibt es wirtschaftliche Rahmenbedingungen für mögliche Verkäufe?
Wehrle: Natürlich. Vincent Koziello, Louis Schaub und Niklas Hauptmann stehen in unseren Büchern. Das heißt, dass wir den Restbuchwert im Auge haben. Wir haben für die Spieler eine Ablösesumme bezahlt, und wenn wir sie abgeben, achten wir darauf, dass idealerweise mindestens der Restbuchwert als Transfererlös generiert wird. Das ist immer eine Abwägungssache. Es kann natürlich auch sein, dass wir Spieler verleihen. In beiden Fällen machen wir Gehaltseinsparungen.
Heldt: Alex ist extrem pflichtbewusst und sehr dahinter, dass das von uns so umgesetzt wird. Er legt uns berechtigterweise die Daumenschrauben an. Das macht er exzellent im Sinne des Klubs. Es ist doch so: Ein Spieler, bei dem es aus unserer Sicht nicht weitergeht bei uns, bindet Kapital. Deshalb arbeiten wir an Lösungen, die gut für den Spieler sind – er kommt zum Einsatz – und für uns, im Hinblick auf unser Budget.
Louis Schaub ist der wohl prominenteste Spieler, der gehen kann. Armin Veh hatte bei seiner Verpflichtung vor anderthalb Jahren noch gesagt, Schaub sei ein absoluter Erstligaspieler. Warum nun die Entscheidung gegen ihn?
Heldt: Spieler wie Louis sieht jeder Fußballfan gerne spielen, auch ich. Wegen solchen Fußballern gehen die Fans ins Stadion. Trotzdem geht es nicht darum, mich zu beglücken. Wir haben die Verantwortung, ein Ziel zu erreichen. Wir glauben an die Qualität von Louis als Fußballer. Wir sehen aber auch Fakten: In der Hinrunde hat er ein Tor geschossen und eins vorbereitet. Das müssen wir nüchtern betrachten und dürfen uns nicht von einem Traumbild beeinflussen lassen. Wenn diese vier Spieler in der Rückrunde gar nicht oder nur sehr wenig zum Einsatz kommen, dann schadet das ihrer Karriere. Deswegen ist es richtig und wichtig, das auch offen zu kommunizieren. Ich glaube, Louis wäre in der Lage, sich bei einem Verein, der aktuell besser und stabiler da steht als wir, besser einzubringen als bei uns.
Das klingt bei Louis Schaub eher nach einer Ausleihe als nach einem Verkauf.
Heldt: Das ist offen. Ich glaube an ihn als Fußballer und an seine Qualitäten, das habe ich ihm auch gesagt. Er kann sie gerade nicht richtig einbringen. Möglicherweise kann er auch gar nichts dafür, sondern es ist der Situation geschuldet. Wir wollen niemand loswerden, sondern müssen mit ihm zusammen eine Lösung erarbeiten. Das gilt für alle vier.
In dieser Saison haben schon vier Nachwuchsspieler ihr Profidebüt gegeben. Wie gehen Sie mit dem Balanceakt um, junge Spieler im Kader einzuplanen, aber auf der anderen Seite aber die Gegenwart mit dem Klassenerhalt sicherzustellen?
Heldt: Das ist immer eine Herausforderung, die Kurzfristigkeit zu behandeln und die Mittelfristigkeit im Auge zu behalten. Ein absolut wichtiges und sinnvolles Stilmittel ist es, junge Spieler auf- und einzubauen. Jan Thielmann zum Beispiel ist in der Kürze der Zeit ein vollumfängliches Mitglied der Mannschaft geworden. Bei jungen Spielern gibt es aber nicht nur Höhen, sondern auch mal Täler. Die muss man einkalkulieren. Es gehört zu unserer Kaderplanung, die Talente auch in der kommenden Saison als vollumfängliche Spieler zu betrachten. Jan zum Beispiel wird immer in Konkurrenz stehen, aber er wird nicht mehr die Nummer drei oder vier auf seiner Position sein. Das wäre falsch, dann würde ich als Verantwortlicher einen Fehler machen.
Wie schwierig ist es eigentlich für Sie die Rückserie zu planen und die neue Saison im Hinterkopf zu haben, wenn Ihr Vertrag bis 2021 nur für die Bundesliga gilt?
Heldt: Das ist kein Problem. Planungssicherheit für den Sommer haben die wenigsten Vereine. Im Moment geht es aber nicht um einzelne Personen, unser Fokus liegt allein darauf unser Ziel zu erreichen.
Abgesehen vom Klassenerhalt: Kann man sagen, dass das größte Projekt 2020 der Geißbockheim-Ausbau sein wird?
Wehrle: Nein. Das größte Projekt ist der 1. FC Köln als Ganzes. Am Geißbockheim arbeiten wir schon lange, wir haben damit kurz nach meinem Wechsel zum FC vor sieben Jahren angefangen. Ich kann nachvollziehen, dass der Zeitraum von außen betrachtet viel zu lang wirkt. Aber das liegt nicht an uns, sondern am Verfahren und an den politischen Entscheidungsträgern. Da sind wir leider nicht der Taktgeber. Wir haben all das, was von uns verlangt wurde, umgesetzt: Wir sind in ein Verfahren gegangen, haben dies transparent gemacht und uns den Kritikern gestellt.
Der FC hofft auf eine Entscheidung bis zur Kommunalwahl im September. Was kann der FC aktiv bis zu dieser Entscheidung noch tun?
Wehrle: Wir haben in den letzten Wochen und Monaten viel getan, damit die Verwaltung in der Lage war, die Eingaben der Bürger zu bearbeiten. Ob die Entscheidung vor oder nach der Wahl getroffen wird, liegt ebenfalls in der Hand der politischen Entscheidungsträger. Natürlich führen wir Gespräche und machen die Dringlichkeit unseres Vorhabens deutlich. Mit dem Status Quo sind wir nicht wettbewerbsfähig im Bereich des Nachwuchsleistungszentrums. Das Gleiche gilt für den Kabinentrakt der Profis.
Heldt: Wir haben ein wunderschön gelegenes Trainingsgelände und das gehört zur DNA des Klubs. Aber wenn wir das nicht den heutigen Anforderungen anpassen und modernisieren, werden wir mittelfristig nicht mehr auf dem heutigen Niveau ausbilden können. Die jungen Spieler werden dann nicht mehr zu uns kommen, weil andere Vereine bessere Rahmenbedingungen bieten. Dazu zählen gute Umkleidekabinen und Trainingsplätze. Nur ein Beispiel: Im Winter müssen wir vier Nachwuchsmannschaften parallel auf einem Kunstrasenplatz trainieren lassen, weil wir keine andere Möglichkeit haben. Das ist nicht zeitgemäß.
Gibt es einen Plan B, sollte der Ausbau scheitern?
Wehrle: Es gab immer Alternativen. Es wäre verantwortungslos, wenn wir uns hierzu keine Gedanken machen würden. Das beinhaltet verschiedene Überlegungen und Schritte, die wir nur dann angehen, wenn Plan A scheitern sollte. Wir wussten von Anfang an, dass die Entscheidung nicht in unserer Hand liegt. Deswegen braucht man immer eine Alternative.
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