Evangelos Sbonias hat die U21 des 1. FC Köln in diesem Sommer übernommen. Der Regionalliga-Auftakt ging in die Hose, doch dann drehte seine junge Mannschaft auf. Der GEISSBLOG sprach mit dem 40-Jährigen über seine Rolle beim FC.
Das Interview führten Sonja Gauer, Marc L. Merten und Martin Zenge
GEISSBLOG: Herr Sbonias, Ihre Mannschaft steht nach sechs Spieltagen auf Platz fünf. Wie fällt Ihr Fazit zum Saisonstart aus?
EVANGELOS SBONIAS: „Durchweg positiv. Das ist nicht selbstverständlich nach dem Saisonbeginn. Einige Spieler hatten eine sehr schwere Saison hinter sich, einige kamen aus langen Verletzungen zurück, einige aus Leihen und dann natürlich die blutjungen U19-Spieler vor ihrem ersten Herrenjahr. Da kann es schon mal länger dauern, bis die Dinge greifen. Dafür hat es sich sehr schnell gefügt.“
Sie haben die schwere Vorsaison angesprochen. Wie hat sich diese bemerkbar gemacht?
Wir haben offensiv klargemacht, dass wir etwas Neues beginnen und nicht in der Vergangenheit graben werden. Wir wollten einen Neustart. Auch, weil es ja zwei Welten gab, denn die U19-Jungs sind als Pokalsieger mit großer Euphorie und breiter Brust zu uns gekommen, die U21 dagegen hatte ein schwieriges Jahr. Diese Puzzleteile mussten wir zusammenfügen, und da war eine solche positive Entwicklung wie in den ersten Wochen nicht selbstverständlich.
Schon gar nicht, nachdem der Auftakt mit 1:5 bei der Fortuna in die Hose gegangen war.
So etwas kann dann auch schnell in die andere Richtung gehen, das stimmt. Das nackte Ergebnis war brutal, die ersten 25 Minuten waren brutal. Aber schon danach haben wir ein paar Dinge gesehen, die gut waren. Darauf haben wir den Fokus gelegt und in Ahlen nur ein paar Tage später mit einem 5:0 reagiert. Das war eine starke Antwort.
Was verspricht dieser Start für den Rest der Saison? Anders gefragt: Was sind die Saisonziele?
Wir wollen stabil sein und mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Das übergeordnete Ziel ist aber, die Jungs so vorzubereiten, dass sie eine Option für die Lizenzspielermannschaft sind. Dafür müssen sie den Männerfußball so schnell wie möglich konstant umsetzen können. Da geht es um Intensitäten und darum, die Zweikämpfe so hart zu führen, wie es in der Bundesliga nötig ist.
Der FC hat perspektivisch sogar die Dritte Liga im Blick. Ist das schon jetzt ein Thema für Sie?
Wir wehren uns nicht gegen Erfolg und würden uns als Verein der 3. Liga nicht verschließen, aber wir dürfen nicht vergessen, wo wir herkommen. Wir tun gut daran, unseren Weg, den wir jetzt in den ersten sechs Spiele eingeschlagen haben, fortzusetzen. Wenn man jeden Tag die Weiterentwicklung im Fokus hat, kommen in der Regel auch die Ergebnisse. Das dauert zwar auch manchmal, aber ich bin davon überzeugt: Wenn wir jeden Tag mit derselben Energie arbeiten und den Maßstab jeden Tag weiter nach oben verschieben, wird sich der Erfolg einstellen.
Was ist für Sie als Trainer am wichtigsten?
Es geht um Mentalität. Wenn wir das Geißbockheim betreten, arbeiten wir mit Leidenschaft. Und zwar jeden Tag. Das hört sich selbstverständlich an, aber es geht darum, es auch zu tun – an jedem Tag, egal ob die Sonne scheint oder ob es regnet, egal was am Spieltag zuvor passiert ist oder welcher Gegner danach kommt. Wir brauchen immer die maximale Energie, um wirklich weiterzukommen.
Das klingt ein wenig nach dem, was Steffen Baumgart beim FC eingeführt hat. Wie passen Ihre Ansprüche mit der Spielidee zusammen, die der FC etablieren will?
Kurz gesagt: wie Arsch auf Eimer. Die Gedanken sind deckungsgleich. Es geht immer um Intensität, um Aktivität, um Pressing, um Zweikämpfe – und darum, Bock auf all das zu haben. Diese Dinge sind nicht verhandelbar. Das Entscheidende ist, so etwas eben nicht nur zu definieren und darüber zu sprechen, sondern es zu leben. Und leben wir das nur, wenn es gut läuft oder wenn es nicht zu warm und nicht zu kalt ist, oder leben wir es immer?
In der Bundesliga sind inzwischen sehr viele Daten frei verfügbar, in der Regionalliga noch nicht. Wenn die FC-Profis in Frankfurt 127 Kilometer laufen, was ist ein vergleichbar guter Wert in der Regionalliga?
Wir beim FC haben Parameter definiert, dass wir Laufleistungen in Richtung 115 Kilometer einfordern. Es heißt nicht, dass wir die Spiele dann auch gewinnen, aber wir wollen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, um erfolgreich sein zu können. Und dafür musst du auch schon unter der Woche eine gewisse Intensität an den Tag legen, um das dann auch am Wochenende leisten zu können.
Wie kam eigentlich der Kontakt zum FC zustande?
Der FC hat ein klares Profil für den neuen U21-Trainer festgelegt und mich danach gescoutet. Es gab vorher keinen Kontakt, bis Lukas Berg mich angerufen hat. Da saß ich also in Baden-Württemberg, befand mich mit Sonnenhof Großaspach im Aufstiegskampf der Oberliga – und dann rief der 1. FC Köln an. Das war natürlich eine Hausnummer.
Und dann begann der Auswahlprozess.
Das war eine Art Assessment Center. Ich wurde direkt gefragt: Willst du das mitgehen oder nicht? Ich wollte mich der Aufgabe stellen, und dann ging es um Spielanalysen, um die Aufbereitung und Lehren aus diesen Analysen bis hin zur Entwicklung von Trainingsplänen und ihrer Umsetzung. So ging es von Gesprächsrunde zu Gesprächsrunde. Das war ein ungewöhnlicher Prozess im Fußball, war für mich aber sehr reizvoll. Und am Ende hat es sich gelohnt.
Dafür mussten Sie das beschauliche Aspach hinter sich lassen.
Hier ist natürlich alles größer, hier ist mehr Aufmerksamkeit da, hier ist die Anzahl der Leute größer, die sich um eine Mannschaft kümmern. Hier hat die zweite Mannschaft einen festen Analysten, einen festen Athletiktrainer – das gab es bei der SG natürlich nicht.
Dafür saß Andrea Berg bei den Spielen auf der Tribüne.
Die saß auf der Tribüne, das stimmt. (lacht) Sie gehört zum Verein dazu. Sonnenhof Großaspach ist ein sehr spezieller Verein mit einer großen Identifikation in so einem kleinen Ort mit 8.000 Einwohnern. Andrea Berg hat zwar genug zu tun, aber wenn es die Zeit zulässt, ist sie mit dabei.
Der zweite Teil des Interviews mit Evangelos Sbonias erscheint morgen.
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