Jonas Hector ist zum ersten Mal seit über vier Jahren nicht in das Aufgebot der deutschen Nationalmannschaft berufen worden. Was bedeutet die Entscheidung von Bundestrainer Joachim Löw für den Kapitän des 1. FC Köln? Das endgültige Aus wohl nicht, wenngleich der 28-Jährige für eine erneute Berufung wohl zwei Dinge ändern müsste – diese aber nur zu einem kleinen Teil in seiner Hand liegen.
Köln – Wenn die deutsche Nationalmannschaft am Mittwoch gegen Serbien testet und am folgenden Sonntag das EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande steigt, wird Jonas Hector nur vor dem Fernseher sitzen. Der Defensivspieler ist zwar krank und wäre wohl ohnehin nicht rechtzeitig fit geworden für die Duelle. Die Ursachen für seine Nicht-Berufung liegen jedoch woanders.
Er spielt ganz, ganz wenig auf der linken Seite
Joachim Löw hatte am Freitag auf der DFB-Pressekonferenz erklärt: „Jonas spielt in Köln häufig auf anderen Positionen, im Mittelfeld oder in der Dreierkette – er spielt ganz, ganz wenig auf der linken Seite. Das war für mich ein bisschen ausschlaggebend.“ Damit legte der Bundestrainer die Finger in eine Wunde, über die beim Effzeh kaum jemand diskutieren will. Darüber, dass der 1. FC Köln den langjährigen Linksverteidiger der deutschen Nationalmannschaft in seinen Reihen hat, dieser aber seit Monaten nicht mehr dort spielt, weil er entweder woanders eingesetzt wurde oder seine angestammte Position inzwischen in der Grundordnung des 3-5-2 nicht mehr vorgesehen ist. Wird das Hector nun zum Verhängnis?
Schon unter Peter Stöger hatte sich Hector in der Kölner Kaderplanung von seiner Position des Linksverteidigers immer mehr entfernt. Und das, obwohl der österreichische Erfolgstrainer über Jahre ein 4-4-2-System etabliert hatte, in dem der 42-fache Nationalspieler als linker Außenverteidiger zum Leistungsträger gewachsen war. Doch Hectors Prozess vom Linksverteidiger zum polyvalenten, vielseitig einsetzbaren Spieler, begann schon vor zwei Jahren. Immer häufiger sah man Hector auf der Sechs statt links, was auch an der verfehlten Kaderplanung lag, in der der mittlerweile 28-Jährige als Mann für alle Fälle eingeplant wurde. Das hat sich in der Zweiten Liga nicht verändert. Im Gegenteil. Markus Anfang setzte den Kapitän in dieser Saison bereits auf fünf verschiedenen Positionen ein. Zuletzt agierte Hector entweder als linker Innenverteidiger in der Dreierkette oder im Mittefeldzentrum auf der Acht. Auf der linken Außenbahn war er kaum noch zu sehen. Schon gar nicht mehr, seit Florian Kainz zum FC wechselte.
Ein Spieler, der seine Aufgabe auf links bei uns immer hervorragend gemacht hat
Für Löw waren Hectors Einsätze im Zentrum nun ein Ausschlusskriterium. Stattdessen nominierte der Bundestrainer Nico Schulz und Marcel Halstenberg für die linke Abwehrseite. Ein deutliches Signal, dass bei aller Wertschätzung ein Spieler auch auf seiner besten Position zum Einsatz kommen muss, um nominiert zu werden. Dennoch bleibt der FC-Kapitän in Löws Blickfeld. „Ich habe ihm auch zu verstehen gegeben, dass er bei uns weiter ein Thema sein wird und im erweiterten Kader ist. Weil der Jonas ein Spieler ist, der seine Aufgabe auf links bei uns immer hervorragend gemacht hat. Er hat technisch gute Voraussetzungen.“
Hector ist ein Spielertyp, der eigentlich genau in das Anforderungsprofil des Bundestrainers passt. Auf der linken Seite hat er in den vergangenen Jahren zuverlässig solide Leistungen gezeigt. Er ist taktisch diszipliniert, lernwillig, fokussiert und folgt Löws Anweisungen auf dem Platz. Aufgrund seiner Erfahrung müsste er eigentlich die Nase vor Schulz und Halstenberg vorn haben. Dennoch verzichtet Löw bis auf Weiteres auf den Saarländer. Nicht nur wegen seiner positionellen Unbeständigkeit, sondern auch aufgrund seiner Ligazugehörigkeit, obwohl man beim FC immer auf das Gegenteil gehofft hatte.
Muss der FC sein System verändern?
Doch Löw sagte auch: „Im Moment sehe ich Nico Schulz und Marcel Halstenberg in der Bundesliga etwas weiter.“ Sein Zusatz „in der Bundesliga“ gab den zweiten Hinweis für Hectors Nicht-Berufung und hätte auch um den Faktor internationaler Spiele erweitert werden können, die Schulz und Halstenberg in Hoffenheim und Leipzig künftig eher bekommen werden als der FC-Kapitän. Für diesen wird als Zweitliga-Spieler eine Rückkehr in die Nationalmannschaft schwierig. Hector muss mit dem Effzeh in die Bundesliga zurückkehren, will er bei der DFB-Auswahl noch einmal angreifen.
Doch der Aufstieg liegt ebenso nur zu einem kleinen Teil in seiner Hand wie seine Position auf dem Rasen. Angeblich soll sich Hector bereits intern für seine Rückkehr auf die linke Seite ausgesprochen haben. Bislang ohne Erfolg. Die Systemänderung auf eine Dreierkette und zwei Spitzen, auch um den Qualitäten der Angreifer Simon Terodde, Jhon Cordoba und Anthony Modeste gerecht zu werden, machte es für Hector zuletzt aber noch schwieriger. Die entscheidende Frage lautet nun: Muss Anfang sein System zumindest perspektivisch mit Blick auf die Bundesliga wieder verändern, um einen seiner besten Spieler wieder auf der Position einsetzen zu können, auf der dieser seine nachweislich beste Zeit beim FC hatte und immerhin zum ersten Nationalspieler seit Lukas Podolski geworden war?
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