Jens Castrop gehört zu den größten Talenten im Nachwuchs des 1. FC Köln. Der 18-jährige trainiert zeitweise bei den Profis, zeitweise bei der U21 und spielte zuletzt in der UEFA Youth League für die U19. Doch Castrop ist auch ein Beispiel für die Suche nach der richtigen Position, auf der ein Eigengewächs den Sprung in die Bundesliga schaffen könnte. Beim FC sieht man Castrop in zwei Rollen.
Köln – Die letzten sechs Pflichtspiele liefen für Jens Castrop persönlich zwischen Hochs und Tiefs. In der Regionalliga traf der 18-jährige zweimal, in der deutschen U19 traf er einmal – und das als Defensivspieler. Auf der anderen Seite erlebte er das Aus in der Youth League inklusive Fan-Ausschreitungen, eine Gelb-Rote Karte beim DFB in nur zwölf Minuten nach seiner Einwechslung und eine vorzeitige Auswechslung bei der FC-U21 am Mittwoch wegen muskulärer Probleme.
Robuster Zweikämpfer auf zwei Positionen
Doch generell erfüllt Castrop gerade das, was sich die FC-Verantwortlichen wünschen: dass ein Top-Talent einen Jahrgang überspringt und trotzdem auf nächsthöherer Ebene hervorsticht. In der U19 spielte er zuletzt nur noch in der UEFA Youth League gegen den KRC Genk, wo Castrop im defensiven Mittelfeld auf der Sechs zum Einsatz kam. Der robuste Zweikämpfer hat sich körperlich im letzten Jahr deutlich entwickelt, muskulär zugelegt und ist so stabiler und erwachsener in den direkten Duellen geworden.
Diese Qualität half ihm gegen die eigentlich überlegenen Genker, gegen die Castrop gute Leistungen zeigte. Auch in der U21 spielte der gebürtige Düsseldorfer am Mittwoch gegen Rödinghausen auf der Sechs, ehe er wegen muskulärer Probleme ausgewechselt werden musste. Im vorherigen Spiel gegen Rot-Weiss Essen jedoch hatte Mark Zimmermann den Youngster auf der Position des Rechtsverteidigers gebracht.
Die Profiabteilung wünscht sich eine “1b”
Dies lag jedoch nicht nur daran, dass Zimmermann auf gleich drei Rechtsverteidiger verletzungsbedingt verzichten musste (Höffler, Sponsel, Strauch). Auf GEISSBLOG-Nachfrage erklärte der FC-Coach: “Er hat auf seiner 1b-Position als Rechtsverteidiger gespielt. Das ist mit oben abgesprochen.” Diese Ansage “von oben”, also aus der Profiabteilung, lautet: Castrop soll sich auf zwei Positionen entwickeln – auf der Sechs (1a) und als Rechtsverteidiger (1b).
“Das dient seiner Ausbildung”, erklärte Zimmermann und verwies auf das Spiel gegen Essen, in dem Castrop gegen RWE-Linksaußen Isaiah Young bestehen musste, “einer der Besten auf dieser Position in der Liga”, wie Zimmermann betonte. “Jens hat das gut gemacht. Gegen einen pfeilschneller Typen wie ihn kann man nicht immer alles richtig machen, aber er hat sich in dieses Duell reingebissen und dann noch die Luft gehabt, vorne den Ausgleich zu erzielen.” Castrop fehlt für einen Außenverteidiger zwar das letzte Quäntchen Geschwindigkeit, um auch nach vorne mit Höchsttempo marschieren und flanken zu können. Doch das gilt für Jonas Hector genauso, ein Spieler, der aus dem Zentrum nach hinten links wechselte und dort eine große Karriere machte.
Die Jungs müssen auch selbst Geduld haben
Beim 1. FC Köln ist man allerdings darum bemüht, dem jungen Castrop zu vermitteln, dass er in seiner Entwicklung noch Zeit benötigt. Der 18-jährige hat zwar körperlich einen großen Sprung gemacht, der letzte Schritt in die Bundesliga ist bekanntlich aber der größte. Das betonte unter der Woche auch Steffen Baumgart. “Jens ist sein sehr guter Nachwuchsspieler, aber wir sollten Geduld mit den Jungs haben, und vor allem müssen die Jungs auch selbst Geduld haben”, mahnte der 49-jährige. “Fußball ist ein Sport, der nicht in einem Jahr passiert, sondern über einen langen Zeitraum.”
Diese oder ähnliche Worte hatte Baumgart zuletzt immer wieder gewählt, um die Erwartungen der Fans, aber auch der Talente etwas zu bremsen, die glauben, dass plötzlich jede Woche ein neues Eigengewächs den Durchbruch schaffen kann. In den letzten zwei Jahren hatten diverse FC-Talente den Sprung in die Bundesliga genommen: Noah Katterbach und Ismails Jakobs, Jan Thielmann und Sava Cestic, Tim Lemperle und Tomas Ostrak. Am Mittwoch debütierte Marvin Obuz für die Profis im DFB-Pokal in Stuttgart. Castrop will der Nächste sein, doch Geduld ist bei vielen Nachwuchsspielern inzwischen ein Problem, schließlich sieht man vielerorts immer jüngere Talente bei ihren Debüts in den obersten Ligen.
Jens ist schon deutlich weiter als sein Alter
Baumgart weiß um diesen Balanceakt zwischen Förderung und Forderung. “Jens spielt bereits in der U21 und nicht in der U19, wo er noch spielen könnte. Dazu trainiert er zu Wochenbeginn bei den Profis. Das heißt, er ist schon deutlich weiter als sein Alter.” Dennoch sei es wichtig, den Spielern Spielpraxis zu geben, statt sie auf der Bank bei den Profis versauern zu lassen. “Deswegen wurde auch Tim (Lemperle) gegen Essen in der U21 eingesetzt”, sagte Baumgart, der Lemperle gegen Leverkusen nicht eingeplant hatte, dafür in Stuttgart wieder einwechselte. “Die Jungs brauchen die Wettkampfpraxis und die Wettkampfhärte.”
Als nächstes sollen nun Obuz und Castrop herangeführt werden. “Das wollen wir”, betonte Baumgart. “Jens entwickelt sich sehr gut, trainiert bei uns sehr gut.” Doch Castrop ist als 2003er-Jahrgang auch erst im Juli 18 Jahre alt geworden. Sein Vertrag läuft bis 2023. Bis dahin wird sich die Konkurrenzsituation bei den Profis noch deutlich verändern – auf der 1a-Sechs (Skhiri, Ljubicic und Özcan) genauso wie 1b-hinten rechts (Schmitz, Ehizibue, Schindler). Beim FC weiß man um die personellen Umwälzungen, die 2022 und 2023 noch folgen werden. In dieser will Castrop seine Chance nutzen.
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