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Ablösen, Gehälter, Risiken: “Der FC ist nicht erpressbar!”

Philipp Türoff. (Foto: Bucco)
Philipp Türoff. (Foto: Bucco)

Der 1. FC Köln muss sparen und investiert trotzdem auf dem Transfermarkt. Wie funktioniert das? Finanz-Geschäftsführer Philipp Türoff erklärt im GEISSBLOG-Interview den neuen Weg des 1. FC Köln bei Ablösesummen, Transfers, Gehältern und der Planung des sportlichen Erfolgs. Den ersten Teil des Klartext-Interviews gibt es hier.

Das Interview führte Marc L. Merten

GEISSBLOG: Herr Türoff, vorausgesetzt, ein neuerlicher Rückschlag durch die Pandemie bliebe aus: Wie könnte eine Gesundung des 1. FC Köln im Normalfall funktionieren?

PHILIPP TÜROFF: „Unser Ziel ist zu einer finanziellen Stabilität zurückzufinden, in der Investitionen wieder aus eigener Kraft möglich sind. Dafür müssen wir das richtige Maß finden zwischen einer Weiterentwicklung der Mannschaft und einer Sicherung des Erfolgs. Es wäre der falsche Weg, jetzt alles zusätzlich verdiente Geld der letzten Saison wie die Mehreinnahmen aus den TV-Verträgen in die direkte Entschuldung zu stecken und dann auch noch Leistungsträger zu verkaufen. Das kann nicht das Rezept sein. Dann müsste der Fußballgott auf seiner Wolke sitzen und Steffen Baumgart mit seinem Trainerteam Wunder bewirken. Wir wollen einen Kompromiss finden zwischen Schulden zurückführen und trotzdem zielgerichtet investieren, wenn es sich lohnt.“

Wie ist das möglich mit dem wenigen Geld, das zur Verfügung steht?

Natürlich nur beispielhaft: Wir verkaufen einen Spieler für fünf Millionen Euro, von denen aber nur vier Millionen Euro bei uns hängen bleiben. Von dem Geld kaufen wir vier neue Spieler für vier Millionen Euro und geben den Spielern Vier-Jahres-Verträge. Dadurch schlagen diese vier Millionen Euro auf vier Jahre gerechnet mit nur einer Million Euro pro Jahr in der Bilanz zubuche. Wir haben mit Spielern gesprochen, an die wir glauben und die zu uns passen, und zwar auch finanziell in Sachen Ablösesummen und Gehälter.

Auch wenn Sie die Ablösesummen bilanziell auf mehrere Jahre aktivieren, muss der Betrag in der Regel ja trotzdem sofort überwiesen werden. Oder haben Sie auch da andere Zahlungsvereinbarungen getroffen?

So, wie die vergangene Saison ausgegangen ist, ist die Liquidität für uns nicht der engste Flaschenhals. Noch drängender ist das Problem, beim Eigenkapital positiv zu bleiben. Das heißt nicht, dass wir im Geld schwimmen. Unsere Zahlungsfähigkeit bleibt angespannt und wir gestalten jede Transaktion in einer Weise, dass wir unsere Spielräume erhalten und vorausschauend stabil funktionieren können.

Wir haben nur mit den Play-offs und der ersten Pokal-Runde geplant

Philipp Türoff

Trotzdem hat Christian Keller davon gesprochen, dass der FC nach dem Verkauf von Salih Özcan noch einmal deutlich mehr Transfereinnahmen wird generieren müssen. Könnte es dazu kommen, dass der FC zu Notverkäufen gezwungen sein wird, um Geld reinzuholen?

Nein, der FC ist bei Ablösen nicht erpressbar. Wir planen nicht, indem wir zu sehr auf spekulative Transfereinnahmen setzen, sodass wir hinterher unter Wert verkaufen müssen. Dennoch müssen wir an weiteren Einnahmen arbeiten. Und wenn unsere Annahmen über realistische Transfererlöse nicht eintreten sollten, sind wir mit unseren Verpflichtungen ein paar Schritte ins Risiko gegangen.

Welche Folgen hätte das?

Dann würden wir es vielleicht nicht schaffen, schneller zu heilen. Andererseits gibt es auch Chancen wie den Einzug in Conference-League-Gruppenphase oder im DFB-Pokal, wo wir sehr defensiv nur mit den Play-offs und der ersten Runde geplant haben. Wir bewegen uns im Sport, Unsicherheiten gibt es immer, aber ich bin mir sicher, dass wir keine Wolkenkuckucksheime eingeplant haben.

Sie haben das Risiko angesprochen, erst Spieler gekauft zu haben, ehe man nun versucht zu verkaufen. Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden?

Wir haben uns für die Reihenfolge entschieden, frühzeitig mit den Spielern zu sprechen, die wir verpflichten wollten, um unseren zeitlichen Vorteil auf dem Transfermarkt zu nutzen. Wir halten das Risiko für kalkulierbar, auch weil wir bei möglichen Spielerverkäufen konservativ geplant haben. Wenn wir es umgekehrt gemacht hätten, hätten wir das Risiko eingehen müssen, erst Mitte August zu agieren, wenn schon drei Pflichtspiele gelaufen sind. Dann aber hätten die Spieler, die noch auf dem Markt sind, möglicherweise ein anderes Preis-Leistungs-Verhältnis gehabt.

Abgänge werden auch nötig sein, um das formulierte Ziel zu erreichen, 20 Prozent an Gehaltskosten zu sparen.

Diese 20 Prozent sind eine Orientierungsgröße. Bei einem schwer kalkulierbaren Transfermarkt ist es nicht möglich konkret vorherzusagen, welchen Betrag man wirklich einsparen kann. Die 20 Prozent wollen wir versuchen zu erreichen, wichtig ist aber, dass wir in unserer mittelfristigen Planung Kurs halten. Die Bereinigung der Gehaltsstruktur hat in der vergangenen Saison schon angefangen und hat einen hohen einstelligen Millionenbetrag gekostet. Das braucht aber auch Zeit. Uns wird helfen, wenn wir hohe Altverträge nicht mehr zahlen müssen. Gleichzeitig geht es nicht darum, Leistungsträger schlecht zu bezahlen. Wir werden auch weiter unsere Leistungsträger sehr gut bezahlen. Aber wir werden künftig insgesamt fairer und nachvollziehbarer bezahlen.

Dann verabschieden wir uns von dem Spieler und versuchen gar nicht erst, finanziell mithalten zu wollen

Philipp Türoff

Was bedeutet das?

Wenn wir ein klares Gehaltsgefüge haben, dann ist nachvollziehbar, was wir unseren Ankerspielern zahlen, aber auch, was wir unseren Jugendspielern zahlen. Wir sind davon überzeugt, dass wir mit diesem Weg Spieler überzeugen können. Und das hat jetzt schon geklappt, denn die Spieler, die wir geholt haben, haben nicht zum teuersten Gehalt unterschrieben. Das ist die Magie des 1. FC Köln, und das ist auch ein Weg, um den Klub zu sanieren.

Was im Umkehrschluss bedeuten dürfte: Der FC wird keine Gehälterkämpfe mitmachen und sich im Zweifel lieber von einem Spieler trennen, statt das Gehaltsgefüge zu sprengen.

Der 1. FC Köln kann sich doch etablieren und trotzdem sagen: Wenn die Premier League oder ein entsprechendes Gehalt rufen, müssen wir gar nicht mehr über Schmerzgrenzen reden. Dann verabschieden wir uns von dem Spieler und versuchen gar nicht erst, finanziell mithalten zu wollen. Es kann doch auch geil für einen Spieler sein, zu wissen: Ich genieße es hier zwei Jahre in Müngersdorf vor diesen Fans zu spielen, und wenn der große Scheck von anderen Klubs kommt, ist der FC gesprächsbereit.

Sie haben die hohen Altverträge schon angesprochen. Im nächsten Sommer laufen viele dieser Verträge aus. Wird 2023 für den FC daher zu einem ganz entscheidenden Jahr?

Für Christian Keller und mich als Geschäftsführer ist der Sommer 2023 ein Punkt, an dem wir unser Gehaltsgefüge – gerade im Segment der Top-Verdiener – neu einstellen können. Dann lässt sich ein Gefüge bauen, was für Glaubwürdigkeit sorgt. Daraus wird sich eine extrem große Handlungsfähigkeit ergeben, weil sich der Etat neu verteilen lassen wird. Und bei den Spielern, die wir behalten wollen, liegt es in unserer Hand, zu welchen Konditionen das geschieht.

Der Begriff Gehaltsobergrenze wurde in den vergangenen Monaten immer wieder genannt. Spielt so eine Grenze im künftigen Gehaltsgefüge eine Rolle?

Es wird nie ein absolutes Maximal-Gehalt geben. Ich bin allerdings froh, wenn die Spieler am meisten verdienen, die am besten performen.

Wer in der vergangenen Saison wohl am besten performt hat, war Steffen Baumgart. Der FC ist sich mit dem Cheftrainer über eine Vertragsverlängerung einig. Mussten Sie für Steffen Baumgart finanziell an die Schmerzgrenze gehen?

Jede Verhandlung kommt nur zu einem Ergebnis, wenn man Schmerzgrenzen definiert. Jede, das hat nichts mit Steffen Baumgart zu tun. Die geplante Vertragsverlängerung mit ihm ist allerdings eher ein einfaches Szenario, weil er tolle Arbeit leistet, es keine Verstimmungen gibt, er super zu uns passt und beide Seiten willens sind, die Zusammenarbeit fortzusetzen. Dieser Mix wird dazu führen, dass für alle Beteiligten das Richtige rauskommt.

Den ersten Teil des Klartext-Interviews gibt es hier

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