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Türoff: “Der FC ist auf dem Transfermarkt wieder handlungsfähig”

Philipp Türoff im RheinEnergieStadion. (Foto: Bucco)
Philipp Türoff im RheinEnergieStadion. (Foto: Bucco)

Der 1. FC Köln will sich auf dem Transfermarkt verstärken. Doch können sich die Geißböcke überhaupt einen neuen Spieler leisten? Im zweiten Teil des großen GEISSBLOG-Interview spricht Philipp Türoff über die Finanzen und über sein erstes Jahr als FC-Geschäftsführer. (Hier findet Ihr den ersten Teil des Interviews.)

Das Interview führte Marc L. Merten

GEISSBLOG: Herr Türoff, Sie sind ein Jahr im Amt. Im Herbst haben Sie die Zahlen zum 30. Juni 2022 vorgestellt. Darin enthalten waren alle Altlasten, die Sie übernommen haben. Wie sieht es inzwischen aus?

PHILIPP TÜROFF: „Wir befinden uns in einer Saison, in der wir mit der Conference League zusätzliche Einnahmen in das Geschäftsjahr nehmen können. Das hilft uns natürlich, um dieses Jahr deutlich erfreulicher darstellen zu können. Wie es also dem FC geht? Wir werden in dieser Saison aller Voraussicht nach ein positives Ergebnis vorlegen können. Das heißt, wir werden wieder Eigenkapital aufbauen können. Und dann arbeiten wir mit aller Kraft daran sicherzustellen, dass wir auch in einem Jahr ohne Europa operativ funktionieren können.”

Das ist aktuell nicht möglich?

Unsere Verpflichtung ist, operativ immer positiv zu bleiben, also mindestens mit einer schwarzen Null rauszugehen. Das ist aktuell nicht selbstverständlich. Wir sind mit unserer Verschuldung auch Tilgungsverpflichtungen eingegangen, die jetzt einsetzen. Wir steuern den FC so, dass wir keine negativen Ergebnisse mehr vorlegen. Das ist das Maß aller Dinge für den Kurs in die Zukunft.

Wie hoch wird denn der Gewinn am Ende der Saison ausfallen?

Er wird im einstelligen Millionenbereich liegen. Ich möchte ungern eine Zahl nennen, weil wir ein paar Dinge wohlüberlegt noch machen wollen, zum Beispiel die baulichen Maßnahmen. Und dann hat natürlich das Sportliche immer Relevanz. Wir müssen auch die Transferphase im Januar berücksichtigen. Aber es wird ein einstelliges Ergebnis, und es wird auch nicht an der untersten Grenze liegen. Wir werden einen soliden Schritt nach vorne machen. Darauf freue ich mich sehr.

Es werden einige Verträge auslaufen müssen

Philipp Türoff

Was hat denn die Europa Conference League eingebracht?

Wir haben beim Umsatz einen gut zweistelligen Millionenbetrag stehen, und da bleibt auch im Ergebnis etwas hängen.

Hoffentlich nicht nur fünf Euro?

Nein, nicht nur fünf Euro, aber die Zahl fünf ist eine ganz gute Orientierung nach den Prämien und den Kosten für den Spielbetrieb. Glücklicherweise konnten wir alle Heimspiele vor Zuschauern austragen. Da hatten wir die eine oder andere Schrecksekunde nach den Vorfällen von Nizza. Aber das hat funktioniert. Das hat uns weitergeholfen. Auch deswegen können wir dieses Jahr ein deutlich positives Ergebnis vorlegen. Europa war da ein wesentlicher Faktor.

Nächstes Jahr könnte es mit diesem Europa-Faktor eng werden. Dafür gibt es viele auslaufende Verträge. Gibt es für die nächste Saison also einen Sondereffekt, indem es vielleicht nicht mehr Einnahmen, dafür aber weniger Ausgaben geben wird, weil der Etat für die Lizenzspieler signifikant gesenkt werden kann?

Das wird ein wichtiger Effekt werden, der aber auch notwendig ist. Es werden einige Verträge auslaufen müssen. Auf der anderen Seite müssen wir handlungsfähig bleiben und den Kader sportlich weiterentwickeln. Bei all den Wünschen, die ich hier vortrage, wäre ein Zweitliga-Abstieg eine riesige Herausforderung. Das heißt: Wir sind aufgefordert, immer sehr genau abzuwägen, was die Mannschaft sportlich braucht, um ihre Leistung bringen zu können. Es darf nicht nur darum gehen, irgendwie gerade so die Klasse zu halten, sondern das, was wir in diesem Jahr mit der Begeisterung der Fans erlebt haben, auch wieder zu ermöglichen. So wollen wir den Kader sportlich und finanziell anlegen. Es ist also kein Szenario, einfach nur Verträge auslaufen zu lassen und die eingesparten Kosten zur Sanierung zu verwenden.

Das heißt, der FC kann und wird sich schon in diesem Winter ohne Sorgen den Mittelstürmer leisten können, den es braucht?

Die entscheidende Frage ist, dass es Spieler sein müssen, an die wir glauben, die den FC auch nachhaltig auf dem jetzt eingeschlagenen Weg weiterbringen. Über die Details sprechen Sie dafür besser mit den sportlich Verantwortlichen. (lacht) Wenn das aber gegeben ist, dann können wir im Hinblick auf unser Gefüge tätig werden.

Das neue Gefüge sieht vor, dass es drei Kategorien an Spielern gibt: Nachwuchsspieler, gestandene Spieler und Leistungsträger. In welcher Kategorie könnte der FC denn aktiv werden?

In all diesen Kategorien könnten wir, wenn genau der richtige Spieler für uns bereitstünde, tätig werden. Wir wollen nicht einfach nur irgendeine Summe in die Hand nehmen und gucken, was wir für diese Summe bekommen. Das ist nicht die Art und Weise, wie wir arbeiten wollen. Und das macht wahnsinnig viel Spaß, weil wir nicht mit dem Rücken zur Wand irgendetwas tun müssen. Wir fühlen uns jetzt so gestärkt, dass wir genau für unsere Zielsetzungen in der Kaderplanung den Markt sondieren können. Wir wollen die Nerven behalten und wirklich das Richtige für den FC tun.

Das klingt, als sei der FC auf dem Transfermarkt wieder handlungsfähig und nicht davon abhängig, welche Spieler den Klub verlassen.

Genau so würde ich es beschreiben. Trotzdem bleibt die klare Botschaft, dass wir jeden Euro dreimal umdrehen. Denn jedes Gehalt, das sportlich nicht den nötigen Ertrag bringt, die Aufgabe schwieriger macht, operativ die schwarze Null sicherzustellen. Das bleibt die Grundlage unseres Handelns und Wirtschaftens. Die Trefferquote muss höher sein. Auch wenn natürlich klar ist: Kein Scouting, kein Management dieser Welt kann eine hundertprozentige Trefferquote sicherstellen. Wir können nur sehr akribisch unsere Arbeit machen und uns ja möglichst nicht von anderen Kräften unter Druck setzen lassen.

Wir können nicht weiter negative Ergebnisse schreiben. Das ist die Basis.

Philipp Türoff

Ist diese Veränderung für Sie der größte Meilenstein in Ihrem ersten Jahr beim FC?

Der Turnaround nach Corona – ja. Mit dem Jahresabschluss im Sommer haben wir einen Schnitt gemacht. Wir wissen, wie unsere Lage ist, wie die Verschuldung liegt, wie unsere Kostenstruktur aussieht und welche Möglichkeiten wir haben. Wir können nicht weiter negative Ergebnisse schreiben. Das ist die Basis. Die Conference League war ein Extra, das uns geholfen und das Portemonnaie gefüllt hat. Wir haben uns in der TV-Tabelle verbessert. In diesem Jahr wollen wir diesen Platz verteidigen. Und wenn es dann Spielräume gibt, um neue Spieler mit zusätzlichen Gehältern einzugliedern, dann trage ich das mit. Diese Dinge hängen eben alle miteinander zusammen. Ein TV-Tabellenplatz macht rund 1,3 Millionen Euro aus. Für 1,3 Millionen können wir uns vielleicht schon einen gestandenen Bundesliga-Spieler leisten. Wir müssen jetzt einfach aufpassen, dass es in die richtige Richtung weitergeht.

Dafür nehmen Sie auch Veränderungen in der Geschäftsstelle vor. Es heißt, hier rumort es ordentlich. Wie gehen Sie damit um?

Das spüren wir natürlich auch. Drei Geschäftsführer neu reinzubringen, ist alleine schon eine große Veränderung. Auf die muss sich eine Organisation einstellen, und das muss sie auch dürfen. Rumoren muss daher auch nicht nur negativ sein. Die Mitarbeiter wollen schauen und verstehen, wer die Neuen sind, wie sie zusammenspielen, welche Werte sie vorleben, welche Erwartungen sie haben, welche Ziele. Dazu kam, dass nicht alle drei gleichzeitig begonnen haben, sondern immer wieder einer dazugekommen ist und es immer wieder Veränderungen gegeben hat.

Und das funktioniert inzwischen im neuen Trio mit Christian Keller und Markus Rejek?

Wir haben jetzt die Struktur geklärt und bekannt gegeben, in der wir drei Geschäftsführer unsere Bereiche aufteilen. Das war wichtig. Jetzt ist klar, mit welchen Schwerpunkten und in welchen Funktionen wir hier agieren wollen. Daran müssen sich jetzt die Mitarbeiter orientieren. Das ist ein Prozess. Aber wir spüren eine große Bereitschaft und eine große Sehnsucht nach noch mehr Orientierung, nach noch mehr Klarheit. Und die wird kommen, dafür braucht es aber auch ein bisschen Zeit. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in dem Dreiergespann mit den Maßnahmen, die wir da verkündet haben, sehr schnell nach vorne kommen werden.

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