Ratlos in Hamburg: die Spieler des 1. FC Köln. (Foto: imago/Nordphoto)

Gefühlt in Unterzahl: Nichts war gut, vieles war schlecht

Diese Niederlage dürfte Spuren hinterlassen. Der 1. FC Köln hat nicht nur das Auswärtsspiel beim Hamburger SV verloren. Er hat auch gezeigt, dass er fast alles verloren hat, was ihn in den ersten Wochen der Saison ausgezeichnet hatte. 

Aus Hamburg berichtet Marc L. Merten

Es wird wohl ein Rätsel der Saison 2018/19 des 1. FC Köln bleiben, wie zwei solch unterschiedliche Leistungen innerhalb von nur fünf Tagen möglich waren. Das starke Spiel gegen den FC Schalke 04, das der Effzeh hätte gewinnen müssen, das die Mannschaft von Markus Anfang dominiert hatte, in dem die Spieler an ihre Leistungsgrenze gegangen waren und bewiesen hatten, dass sie es können. Und dann der desaströse Auftritt beim 0:1 in Hamburg, ein Offenbarungseid, spielerisch wie charakterlich.

Das war gut

An diesem Montagabend konnte niemand davon sprechen, dass beim 1. FC Köln irgendetwas gut gewesen war. Die ersten 15 Minuten, wie Spieler und Trainer erklärten? Ja, durchaus hatte man zu Beginn das Gefühl, wenn der FC so über 90 Minuten auftreten würde, dann wäre etwas drin beim HSV. Doch weil dies nicht geschah, war es auch nicht gut. 15 anständige Minuten sind für die Zweite Liga ungenügend.

Das war schlecht

Schlecht war dagegen eine ganze Menge. Die Passqualität zum Beispiel. Fehlpässe im Spielaufbau hatte es auch gegen den FC Schalke 04 gegeben, vor allem von Marcel Risse und Jorge Meré. Gegen Hamburg machten alle Mitspieler mit. Aber nicht nur Zuspiele zum Gegner, sondern vor allem schlampige Pässe über wenige Meter in den Rücken des freilaufenden Mitspielern, sodass aus jeder Aktion das Tempo genommen wurde. Eine Mannschaft, die über Ballbesitz kommen will, braucht eine hohe Passqualität. Ansonsten läuft jeder Gegner jede Lücke zu, weil die Zeit dafür da ist. Eine hohe Passqualität ist kein taktisches Problem, sondern eines der individuellen Fertigkeiten eines jeden Spielers in Kombination mit der nötigen Konzentration und Ernsthaftigkeit. Doch genau daran hatte es im Volksparkstadion am Montagabend gehapert.

Allerdings nicht nur. Der Hamburger SV lief über das gesamte Spiel hinweg über acht Kilometer mehr (123,5km zu 115,2km). Geht man davon aus, dass ein einzelner Spieler über die 90 Minuten im Schnitt etwas mehr als zehn Kilometer zurücklegt, spielte der Effzeh also in gefühlter Unterzahl, obwohl beide Teams elf Spieler auf dem Feld hatten. Nun argumentieren Trainer, die Ballbesitzfußball spielen lassen, dass die Mannschaft mit weniger Ballbesitz mehr laufen muss. Doch der FC konnte gerade einmal 51 Prozent Ballbesitz für sich reklamieren, also nur einen marginalen Unterschied zum HSV. Sportchef Armin Veh sagte nach der Partie: “Man muss natürlich alle Werte nehmen, die Sprintwerte, die schnellen Läufe. Alleine die Laufleistung nutzt nichts. Aber man muss sagen, dass es von außen so ausgesehen hat, dass wir deutlich weniger gelaufen sind. Der HSV hat es mehr gewollt als wir, ich habe nicht gesehen, dass wir es gewollt haben.”

Passqualität und Laufleistung sind nebst der spielerischen und körperlichen Qualität vor allem Willensleistungen. Doch auch Trainer Markus Anfang muss sich hinterfragen. Wie konnte es zu einem solchen Riss im Spiel seiner Mannschaft kommen? Was hätte der Trainer tun können, um seine Spieler aufzurütteln? Vom Trainer jedenfalls gab es in diesem Spiel abgesehen von vielen Gesten und Worten keine Signale von außen. Schon zur Halbzeit hätten sich Wechsel angeboten, spätestens nach der verpatzten Anfangsphase der zweiten Hälfte hätte man sie erwartet. Zu viele Spieler blieben weit unter ihren Möglichkeiten. Doch Anfang blieb bei seiner Elf auf dem Rasen. Dass Horn für Özcan (73.) kam, war lediglich der Gelb-Rot-Gefahr des Mittelfeldspielers geschuldet. Terodde blieb über 90 Minuten völlig blass, der zuletzt überzeugende Cordoba musste aber bis zehn Minuten vor Schluss warten, ehe er ran durfte – und dann über Außen. Nicht nur er dürfte dies kaum verstanden haben. Schließlich brachte Anfang Sörensen als Mittelstürmer, ein Rezept, das schon zu Kevin McKennas Zeiten kaum einmal funktioniert hat. Unter dem Strich hatten an diesem Abend weder Spieler noch Trainer die Mittel, um den HSV zu besiegen.

So geht es weiter

Die deutlichen Worte von Armin Veh (mehr dazu hier) sind ein klares Signal an die Spieler und das Trainerteam, dass der Sportchef eine Reaktion erwartet, und das schon im Heimspiel gegen Dynamo Dresden. Die letzten Wochen mit fünf sieglosen Spielen, zwei Punkten in der Liga, dem Verlust der Tabellenspitze, dem Einbüßen jeglichen Selbstbewusstseins und dem Aufbrauchen des Kredits bei den Fans haben Spuren hinterlassen. Das 0:1 war ein erster Wirkungstreffer, aus dem die Geissböcke nun ihre Lehren ziehen müssen. Klar ist: Waren die Spiele gegen Duisburg, Kiel und Heidenheim schon über weite Strecken enttäuschend, hat der ernüchternde Auftritt beim HSV den FC an den Rand einer Krise gebracht. Gibt es gegen Dresden keinen Sieg, ist diese Krise Wirklichkeit. Eine ungemütliche Länderspielpause wäre die Folge.

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