Jorge Meré ist beim FC wieder außen vor. (Foto: Bopp)

Sündenbock Meré: Wie geht es mit dem Spanier weiter?

Drei Spiele in Folge war Jorge Meré der beste Spieler des 1. FC Köln. Dann kam das Debakel in Freiburg – und Trainer Markus Gisdol machte den Spanier zum einzigen Sündenbock für das 0:5. Seitdem stand der 23-jährige nicht mehr im Kader der Geißböcke. Meré will wechseln, nicht erst seit diesem Vorfall. Ist das der Grund, warum der FC-Coach ihm selbst nach mehreren starken Leistungen sofort beim ersten Wackler wieder das Vertrauen entzog? 

Köln – Als der 2:1-Auswärtssieg des 1. FC Köln beim FC Schalke 04 am Mittwoch keine fünf Minuten alt war, stand Markus Gisdol an der Mittellinie mit Sava Cestic zusammen. Der 19-jährige hatte eine schwierige und alles andere als fehlerfreie Partie hinter sich, und Gisdol sah es als seine Aufgabe an, mit dem Abwehrtalent sofort einige Situationen aufzuarbeiten. “Sava ist ein junger Spieler. Da ist es wichtig direkt nach einem Spiel manche Situation zu besprechen”, sagte der FC-Coach. “Er ist ein großes Talent für uns, da gehört es für mich dazu mit ihm direkt solche Dinge zu besprechen.”

Gisdol macht Meré zum Sündenbock

Was muss sich Jorge Meré in diesem Moment gedacht haben? Der Spanier, wenngleich vier Jahre älter und auch aufgrund seiner internationalen Erfahrung längst ein gestandener Profi, hätte sich eine solche Unterstützung, einen solchen Zuspruch und ein solches Signal des Vertrauens wohl nach der Pleite beim SC Freiburg auch gewünscht. Zu hören, dass er trotz des Fehlers vor dem 0:1 (dem ein größerer Fehler von Timo Horn vorausgegangen war) ein wichtiger Spieler sei, zu spüren, dass sich der Trainer bemühe ihn besser zu machen, zu glauben, dass ein einziges schlechtes Spiel noch keine Krise auslöse. Doch dazu kam es nicht. Eine Woche später war Meré der einzige FC-Profi, der die volle Wucht der Konsequenzen tragen musste. Er wurde als einziger Stammspieler nicht nur aus der Startelf gestrichen, sondern auf die Tribüne verbannt. Deutlicher hätte Gisdol ihm den Stempel “Sündenbock” nicht aufdrücken können.

Auch am Mittwoch auf Schalke blieb Meré außen vor. Nach Gelsenkirchen durfte er zwar mitreisen, doch obwohl die Geißböcke mit Dreierkette spielten, verzichtete Gisdol auf einen vierten Innenverteidiger auf der Bank. Benno Schmitz und Jannes Horn sollten als Absicherung reichen. Ausgerechnet das Duo, das in Freiburg maßgeblich am vollständigen Einbruch in Hälfte zwei beteiligt gewesen war. Schmitz hatte sich auf seiner rechten Seite reihenweise düpieren lassen. Horn war zwar erst in der 57. Minute ins Spiel gekommen – ausgerechnet für Meré beim Stand von 0:2 -, hatte jedoch keine zwei Minuten später die Abwehrarbeit gegen Sallai vor dem 0:3 verweigert. Doch Gisdol hatte mit der Auswechslung von Meré bereits signalisiert, wen er als einen der Hauptverursacher der Niederlage ansah.

Schlechtes Training: Meré lässt Reaktion vermissen

Die Konsequenzen dieser Auswechslung waren vorhersehbar: Meré trainierte in der Folgewoche schlecht, ließ sich hängen und wurde daraufhin aus dem Kader verbannt. Andere Spieler, so heißt es aus dem Geißbockheim, hätten sich nach dem Freiburg-Debakel im Training reingehängt und signalisiert, dass sie es besser machen wollten. Meré jedoch habe diese Reaktion vermissen lassen. Für das Trainerteam ein klarer Fall, für viele Beobachter hingegen eine fragwürdige Entscheidung. Meré war seit seiner überraschenden Nominierung in Leipzig in drei Spielen in Folge der beste Kölner Spieler gewesen (GBK-Noten 1,5 in Leipzig, 2 gegen Osnabrück, 2 gegen Augsburg). Eine schwache Leistung sowie eine schlechte Trainingswoche waren jedoch genug, dass Gisdol dem Innenverteidiger das Vertrauen komplett entzog und ihn rasierte.

Der 51-jährige demonstrierte damit erneut, was Kritiker ihm schon lange vorwerfen: Manchen Spielern verzeiht der FC-Trainer vieles, manchen fast nichts. Manche Spieler versucht er durch Einsätze oder Kader-Nominierungen zu streicheln, manche verlieren sofort wieder das Vertrauen. Anthony Modeste beispielsweise hatte Gisdol in der Hinrunde mehrfach zu Spieltagen mitgenommen, obwohl dieser noch längst nicht spielfit gewesen war. Der Franzose hatte das Gefühl gebraucht, wieder dabei zu sein. So verzichtete Gisdol mehrfach auf andere Spieler im Kader, die eigentlich besser trainiert hatten oder fitter gewesen wären als Modeste, um dem so wichtigen Stürmer in dessen Aufbauphase zu helfen. Eine Sonderrolle, die innerhalb der Mannschaft nicht unbemerkt blieb und die mit der Causa Meré nun erneut sichtbar wurde.

Ob sich Meré nach der Degradierung noch einmal berappeln wird, könnte sich schon an diesem Wochenende zeigen. Rafael Czichos wird das Spiel in Hoffenheim wohl angeschlagen verpassen. Meré dürfte zumindest den freien Kaderplatz einnehmen, wenngleich wohl nicht in die Startelf rücken. Klar ist: Weiterhin schlechte Trainingsleistungen werden den Spanier nicht wieder in die Spur bringen. Doch als Cheftrainer liegt es bekanntlich in der Verantwortung Gisdols jeden Spieler besser zu machen und auch mental aufzurichten – auch Meré. In der letzten Saison war der Eindruck entstanden, Gisdol stehe nicht auf den filigranen, spielstarken, aber weniger robusten Spanier. Der FC-Coach hatte ihm den kantigeren, ungleich hölzerneren Typen Toni Leistner vorgezogen. In dieser Saison schien Meré erst vor dem Durchbruch zu stehen, erarbeitete sich in der Vorbereitung einen Stammplatz (vor Sebastiaan Bornauw), ehe ihn gleich zwei Muskelverletzungen zurückwarfen und erst im Dezember seine Chance kam sich durchzusetzen.

Wie Cordoba: Meré will schon länger wechseln

Offen ist, welche Rolle in Gisdols Bewertung der stete Wechselwunsch des Verteidigers spielt. Denn zur Wahrheit gehört auch: Meré will den FC eigentlich schon länger verlassen. Nach GBK-Informationen traten der Spieler und sein Berater im Winter 2019/20, im Sommer 2020 und auch vor der aktuellen Transferperiode an den Klub heran mit dem Hinweis, dass der Spieler sich eigentlich gerne verändern würde. Ein konkretes Angebot eines Klubs brachte der Spanier jedoch nie. Die Situation ähnelt also jener von Jhon Cordoba, der sich seit dem Amtsantritt von Horst Heldt und Markus Gisdol ebenso verhalten hatte und am liebsten bereits im Januar 2020 gewechselt wäre – ohne jedoch auch nur einmal einen interessierten Verein zu bringen, bis schließlich die Hertha zuschlug.

Marktwert durch Degradierung wieder am Boden

Die FC-Verantwortlichen haben diesen Wechselwunsch womöglich in ihre sportliche Bewertung mit einfließen lassen. Seine schwache Leistung in Freiburg und die Trainingsleistung in den Tagen darauf brachten sie offenbar auch mit diesem Streben nach einem Transfer in Zusammenhang. Doch gerade in dieser Hinsicht ist die Verbannung des Spielers auf die Tribüne doppelt bitter für den FC: Denn war Meré eigentlich gerade dabei sich mit starken Leistungen ins Schaufenster zu stellen, ist diese Chance nun dahin. Gegen Leipzig, Osnabrück und Augsburg hatten potentiell interessierte Vereine beobachten können, wozu der Spanier in der Lage ist. In den folgenden Wochen hätte sich der Marktwert des 23-jährigen wieder stabilisieren können, sodass der FC für Meré (Vertrag bis 2023) noch eine Ablöse hätte generieren können. Für einen degradierten Tribünenhocker hingegen zahlt wohl kein Verein Geld, schon gar nicht während einer wirtschaftlich so schmerzhaften Pandemie. Aufgrund der Länge des Vertrags könnte es daher eher auf ein Leihgeschäft hinauslaufen. Doch dafür bräuchte es erst einmal einen interessierten Klub.

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