Als einziger neuer Sechser des 1. FC Köln galt er zunächst zwangsläufig als Skhiri-Nachfolger, wartet aber noch immer auf seine ersten Bundesliga-Minuten: Jacob Christensen hat ein schwieriges erstes Halbjahr in Deutschland hinter sich. Im GEISSBLOG-Interview spricht der 22-jährige Däne über sein geplatztes Debüt, den Trainerwechsel und seine Zukunft.
Das Interview führten Sonja Gauer und Marc L. Merten
GEISSBLOG: Herr Christensen, in Ihrem ersten halben Jahr in Köln hat Sie eine zweimonatige Verletzungspause zurückgeworfen. Fühlen Sie sich inzwischen wieder vollständig fit?
JACOB CHRISTENSEN: „Meine Verletzung war natürlich sehr frustrierend, aber sowohl körperlich als auch mental fühle ich mich inzwischen wieder richtig gut.“
Die letzten Wochen waren für den 1. FC Köln mit der Transfer-Sperre und dem Trainer-Wechsel sehr speziell. War es auch für Sie eine besondere Erfahrung?
Das waren uns alle besondere Nachrichten. Es war das erste Mal in meiner Karriere, dass ich einen Trainer-Wechsel bei dem Club, für den ich spiele, miterlebt habe. Insofern war es tatsächliche eine neue Erfahrung für mich. Bislang läuft es sehr gut mit dem neuen Trainer.
“Kein Geheimnis, dass ich zu kämpfen hatte“
Der 1. FC Köln ist der erste Verein in der Bundesliga, der je so eine Strafe bekommen hat. Und auch in den anderen europäischen Ligen sind solche Entscheidungen eher selten. Wie gehen Sie als Spieler mit dem FIFA-Urteil um?
Als ich zum FC gekommen bin, wusste ich ja, dass es möglicherweise noch eine Transfer-Sperre geben könnte. Im Alltag denke ich darüber aber überhaupt nicht nach. Ich habe aktuell nicht vor, hier wegzugehen. Deswegen beeinflusst mich das Urteil auch nicht. Das Team muss jetzt zusammenbleiben. Wir sind bereit, alles füreinander zu geben und uns gemeinsam zu entwickeln.
Aktuell warten Sie noch auf ihren ersten Einsatz in der Bundesliga. Wie fällt Ihr persönliches Fazit nach einem halben Jahr beim FC aus?
Der Start war schwierig für mich. Ich habe zum ersten Mal meine Heimat verlassen und bin nach über zehn Jahren zu einem neuen Verein gewechselt. Es ist kein Geheimnis, dass ich mit den Anpassungen zu kämpfen hatte. Aber die Verantwortlichen hatten mir in den Gesprächen bereits gesagt, dass es schon seine Zeit dauern könnte, ehe ich bereit für die Bundesliga bin. Der Plan ist eigentlich gut aufgegangen, bis zu dem Zeitpunkt, als ich mich verletzt habe. Ohne die Verletzung würde ich von einem guten halben Jahr sprechen. So war es frustrierend.
Haben Sie selbst damit gerechnet, dass die Anpassung an die Bundesliga so lange dauern würde?
Damit habe ich nicht gerechnet. Und natürlich hätte ich gerne schon mehr gespielt. Allerdings habe ich mich auch einen Tag vor meinem vermeintlichen Bundesliga-Debüt verletzt.
Ihnen wurde also gesagt, dass Sie gegen Bayer Leverkusen am 7. Spieltag hätten spielen sollen?
Ja. Der Trainer hatte mir gesagt, dass es mein Debüt-Spiel werden soll. Zwar nicht in der Startelf, aber ich hätte im Laufe des Spiels eingewechselt werden sollen. Aber so ist das im Fußball eben manchmal.
Die große Frage beim 1. FC Köln war im vergangenen Sommer, wie der Verein den Abgang von Ellyes Skhiri kompensieren würde. Sie wurden als einziger Spieler auf seiner Position verpflichtet, wenn auch nicht als direkter Nachfolger. Haben Sie dennoch den Druck gespürt, Ellyes Skhiri ersetzen zu müssen?
Als klar war, dass ich zum FC wechseln würde, habe ich mir die Spiele angeschaut. Und natürlich auch Ellyes spielen sehen. Aber ich habe nie gedacht: So muss ich jetzt spielen. Ich habe auch keinen Druck verspürt oder so etwas gelesen. Mein Deutsch war zu diesem Zeitpunkt auch nicht gut genug. Vielleicht besser so (lacht).
“Fühle mich bereit für die Bundesliga”
Fühlen Sie sich im Vergleich zum Sommer nun weiter in Ihrer Entwicklung?
Ich bin jetzt seit knapp fünf Monaten hier und fühle mich bereit für die Bundesliga. Ich habe mich an das Training gewöhnt und an die Intensität angepasst. Ich hoffe jetzt auf mein erstes Spiel. Aber natürlich muss ich das erst einmal absolvieren, um wirklich sagen zu können, dass ich hier angekommen bin.
Was war die größte Umstellung für Sie im Vergleich zum Fußball in Dänemark?
In Dänemark war ich es gewohnt, als Spieler immer den Ball zu haben. Wir haben beim FC Nordsjaelland viel Ballbesitz gehabt. Bei meinem Wechsel zum FC wurde mir gesagt: Um ein wirklich guter Bundesliga-Spieler zu werden, muss ich mein Spiel gegen den Ball verbessern. Dazu gehören Intensität, Sprints, Zweikämpfe und auch der defensive Pass. Das war aber auch der Grund, warum ich mich für den FC entschieden habe: Ich will diesen Part in meinem Spiel verbessern.
Worauf haben Sie sich bei ihrem Wechsel am meisten gefreut?
Ich wusste, dass der FC ein sehr großer Verein mit richtig guten Fans ist. Hier in der Bundesliga zu spielen, ist etwas, worauf ich mich extrem gefreut habe und immer noch freue.
Vor dem Spiel gegen den 1. FC Heidenheim sind über 1000 FC-Fans zum Abschlusstraining gekommen. Haben Sie so etwas schon einmal erlebt?
Nein. Ich war total überrascht, als wir angefangen haben zu trainieren und plötzlich so viele Fans auf der Tribüne standen und uns lautstark unterstützt haben. In Dänemark passiert so etwas nicht. Ich habe zwar schon Videos aus Europa gesehen, wo Fans in dieser Menge zu einem Training gekommen sind. Aber diesmal war ich ein Teil davon und das war wirklich beeindruckend.
Wie ist Ihr erster Eindruck von Timo Schultz?
Sehr gut. Ich mag es, wenn ein Trainer wirklich den Fußball liebt, sich auch für die Details begeistern kann und versucht, jeden einzelnen Spieler zu entwickeln. Diesen Eindruck habe ich von ihm und deswegen freue ich mich sehr auf die Zusammenarbeit.
Wird sich Ihre Rolle unter dem neuen Trainer verändern?
Taktisch wird sich ein bisschen was verändern, er bringt ein paar neue Strukturen in das Team. Er ist natürlich ein anderer Trainer als Steffen Baumgart. Ob sich meine persönliche Rolle verändern wird, liegt aber vornehmlich an mir. Wenn ich gute Leistungen bringe, werde ich hoffentlich spielen. Wenn nicht, bleibt alles so, wie es ist.
Schultz sieht “großes Potenzial” in Christensen
Hatten Sie schon ein persönliches Gespräch mit Timo Schultz über Ihre Situation?
Ja, wir haben schon über mein erstes halbes Jahr hier in Köln gesprochen. Er hat mir gesagt, wie er mich sieht und wie ich seiner Meinung nach dem Team helfen kann.
Erzählen Sie uns davon.
(lacht) Das war ein persönliches Gespräch. Aber es war sehr positiv. Er hat gesagt, dass er großes Potenzial in mir sieht. Das hört man natürlich gerne. Trotzdem weiß ich noch nicht, wann ich meine ersten Minuten bekommen werde. Ich gebe alles im Training und hoffe dann auf die Wochenenden.
In welchem System fühlen Sie sich im defensiven Mittelfeld am wohlsten?
Ich spiele gerne mit einer Doppelsechs im Zentrum, aber auch als alleiniger Sechser mit zwei Achtern vor mir. Das macht für mich keinen großen Unterschied, ich bin an beides gewöhnt.
Der 1. FC Köln kämpft in dieser Saison gegen den Abstieg. Sie haben vorhin gesagt, dass das Team jetzt zusammenbleiben müsse. Bleiben Sie auch – egal was im Sommer passiert?
Im Fußball kann ich sich alles immer so schnell verändern. Vielleicht bekomme ich auch in der Rückrunde keine einzige Spielminute und wäre dann im Sommer in einer Situation, in der ich mich möglicherweise noch einmal verändern möchte. Am liebsten möchte ich hier Spielzeiten sammeln und bleiben.
Haben Sie sich persönliche Ziele für die nächsten Wochen gesetzt?
Dafür bin ich nicht der Typ. Ich fokussiere mich immer auf den nächsten Tag und versuche dabei, mein Bestmögliches zu geben. Aber es ist ja offensichtlich, dass ich mein Bundesliga-Debüt feiern will.
Abgesehen vom Fußball: Wie gut sind Sie in Köln persönlich angekommen?
Das Leben hier ist gut. Ich vermisse natürlich meine Freunde und meine Familie. Aber ich habe auch hier schon einige Freunde gefunden, auch innerhalb der Mannschaft. Deutschland ist im Vergleich zu Dänemark relativ ähnlich, deswegen habe hier keinen Kultur-Schock oder ähnliches erlebt (lacht). Sprachlich wird es auch immer besser, auch wenn Deutsch nicht ganz so einfach für mich ist.
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