Der 1. FC Köln hat hinten rechts ein riesiges Problem, das auch Offensivspieler Marius Wolf nicht lösen kann. Der FC Bayern München deckte diesen Schwachpunkt gnadenlos auf. Seit sechs Jahren krankt es im Kader der Geißböcke auf der Position des Rechtsverteidigers. Elf Spieler hat man dort seitdem ausprobiert. Funktioniert hat auf Dauer niemand.
Köln – Als Eric-Maxim Choupo-Moting in der 18. Minute das 1:0 erzielte, indem er Marius Wolf am langen Pfosten einfach davon lief, wurden Erinnerungen an das 0:1 gegen Augsburg wach. Am 14. Spieltag war Torschütze Iago in ähnlicher Manier Wolf enteilt und hatte das Siegtor für den FCA erzielt. Nun war es am Samstag gegen die Bayern mit dem 0:1 nicht getan. Beim 1:4 und 1:5 war es ebenfalls Wolf, der seine Seite nicht schließen konnte und der FCB die Kölner Schwäche hinten rechts eiskalt ausnutzte.
Wolf nur das Opfer eines ignorierten Problems
Nun waren dies zwar vornehmlich Wolfs Fehler. Dem 25-jährigen dies jedoch vorzuwerfen, würde am Thema vorbei gehen. Wolf muss im 5-3-2 genauso hinten rechts spielen wie im 3-5-2 alleinig auf der Außenbahn oder im Falle einer Viererkette aktuell ebenfalls hinten rechts. Der Grund ist kein Mysterium: Der FC hat seit sechs Jahren keinen Bundesliga-tauglichen Rechtsverteidiger im Kader. Und so ist Wolf der Aushilfsverteidiger oder, um ein Wort zu benutzen, das beim FC in der Saison 2016/17 hohe Wellen schlug, der “Aushilfskellner”, der eigentlich andere Qualitäten zu seinen Kernkompetenzen zählt, aber eben dort einspringen muss, wo gerade Not am Mann ist. Und bei Gott: Der 1. FC Köln hat hinten rechts seit dem inzwischen legendären Miso Brecko Not am Mann.
Der einstige FC-Kapitän verließ die Geißböcke 2015 in Richtung Nürnberg, und seit Brecko weg ist, klafft hinten rechts ein riesengroßes Loch. Nicht, dass es der FC nicht mit genügend Spielern versucht hätte. Die Liste ist abenteuerlich lang. Pawel Olkowski, Lukas Klünter, Matthias Bader, Benno Schmitz und Kingsley Ehizibue hießen seit Brecko die fünf nominellen Optionen im Kader. Olkowski kam einer guten Lösung noch am nächsten, ihn rissen aber Verletzungen und private Probleme aus der Bahn. Klünter war zwar genauso schnell wie Ehizibue, taktisch und technisch aber genauso limitiert. Bader war ein preiswerter Versuch aus der Dritten Liga, der sich nicht durchsetzen konnte. Und Schmitz war Frank Aehligs Wunschspieler, der im letzten Sommer zwar auf gutem Wege schien, sich dann aber verletzte und seitdem nicht mehr auf die Beine kommt.
Fünf etatmäßige Lösungen, sechs Aushilfsverteidiger
Neben diesen fünf etatmäßigen Spielern gab es dann noch die Aushilfsverteidiger hinten rechts, von denen sich beim FC in den letzten Jahren ebenso viel mehr schlecht als recht versuchen durften: Frederik Sörensen, Marcel Risse, Jorge Meré, Marco Höger, Kingsley Schindler und jetzt Marius Wolf. Es ist nicht so, als ob keiner aus diesem Sextett seine Aufgabe nie zur Zufriedenheit erledigt hätte. Immer wieder gab es bei dem einen oder anderen gute Ansätze. Doch Konstanz bekam keiner von ihnen hin, Schindler durfte sich nicht einmal in einem Pflichtspiel versuchen. Bei Wolf ist die Dramatik aus Kölner Sicht allerdings noch größer. Denn Wolf muss hinten aushelfen, obwohl er eigentlich offensiv dringend gebraucht würde und viel wertvoller wäre. Der FC beraubt sich aber lieber selbst offensiver Durchschlagskraft, als hinten auf einen der etatmäßigen Verteidiger zu setzen. Anders ausgedrückt: Bei den defensiven Problemen, die Wolf mitunter hat, müssen sich Schmitz und Ehizibue die Frage gefallen lassen, wie es sein kann, dass sie auf ihrer angestammten Position eine fehlerhafte Notlösung nicht überflügeln können.
Es ist nicht so, als ob sich Horst Heldt dieses Problems nicht bewusst wäre. Bereits im Trainingslager in Benidorm im Januar 2020 hatte der damals neue Geschäftsführer Sport eingestanden, dass er am liebsten sofort einen neuen Rechtsverteidiger verpflichten würde. Allerdings sind seither zwei weitere Transferfenster gekommen und gegangen, ohne dass der FC dieses lange bekannte Problem behoben hätte. Stattdessen hat man einmal mehr darauf gesetzt, dass es schon irgendwie gut gehen würde – im Zweifel mit dem bemitleidenswerten Wolf. Die Bayern freute es am Samstag. Sie konnten diese Schwachstelle eiskalt ausnutzen. Der FC-Kader hat viele Baustellen, doch jene hinten rechts existiert mit Abstand am längsten. Die Verantwortlichen müssen diese im Sommer 2021 dringend schließen.
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